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Anna Moldenhauer, Stylepark, im Gespräch mit Jörg Loew, burgbad

STYLEPARK BURGBAD
Spezialist ohne Allüren

burgbad ist marktführend im Bereich Badmöbel und hat mit dem Baukastensystem "RGB" von Stefan Diez die Branche aufgemischt. Was steckt hinter der Marke aus dem Sauerland? burgbad-Vorstand Jörg Loew zu Besuch bei Stylepark.
von Anna Moldenhauer | 18.10.2019

Anna Moldenhauer: Herr Loew, Sie sind seit 2002 bei burgbad, für was steht Ihrer Meinung nach das Unternehmen?

Jörg Loew: burgbad ist eine sehr junge Marke und wir – ganz besonders unsere Marketingleitung Frau Meissner – haben uns viele Gedanken darüber gemacht, worin die Unterscheidung zu den etablierten Unternehmen liegt. Früher waren wir ein Markensammelsurium, heute ist alles konzentrierter und unter Burgbad vereint. Wir entwickelten die Genetik der Marke parallel zu der des Unternehmens. Wir wollen sympathisch sein, mutig und differenziert. Dank der mittelständischen Prägung sind die Entscheidungswege kurz. Zudem ist die Arbeitsatmosphäre gut, das habe ich vom ersten Tag an kennenlernen dürfen. Wir arbeiten unter hohem Druck und sehr zielorientiert, aber ich glaube, dass das Zusammenwirken Spaß macht. Und dass wir das große Glück haben uns mit einer schönen Materie zu beschäftigen, mit Möbeln.

Anna Moldenhauer: Nach welchen Kriterien haben Sie die Designer ausgewählt, mit denen burgbad zusammenarbeitet?

Jörg Loew: Uns war wichtig, dass die Designer für die Werte stehen, die auch burgbad innewohnen. Vor allem mit Blick auf Authentizität und Nahbarkeit. Alle unsere Standorte sind auf dem Land, die Leute dort haben keine Allüren, sie sind bodenständig und direkt. Wir haben das Wesen einer industriellen Manufaktur. Und diesen Geist sollte auch ein Kreativer mit seiner Arbeit für uns transportieren. Wir müssen uns miteinander wohlfühlen.

Anna Moldenhauer: Hat sich seit der Übernahme durch die Eczacibasi Group etwas verändert in der Philosophie? Ist burgbad internationaler geworden?

Jörg Loew: Bestimmt. Für meinen Geschmack dürfte das gerne noch mehr werden, der direkte Dialog mit den internationalen Kollegen ist sehr wichtig. Wir sind auch stark in Frankreich vertreten. Jede Region hat ihre eigenen Ausprägungen mit Blick auf den landestypischen Geschmack. Die Komplexität ergibt sich durch die individuelle Zusammensetzung in der Produktphilosophie des jeweiligen Landes. Das ist deutlich schwieriger als nur die Farbvorlieben in einem Bad zu beurteilen.

Anna Moldenhauer: Das kann ich verstehen. Ein offener Blick und die Vielfalt sind unabdingbar für interessante Neuentwicklungen.

Joerg Loew: Das ist das eine und es gibt natürlich auch ganz handfeste Aspekte. Sie können in der Mittelklasse nicht wettbewerbsfähig sein, wenn Sie in Deutschland produzieren und gleichzeitig in Schweden führend sein wollen. Wir haben ja montierte Möbel und da transportiert man immer viel Luft durch die Gegend. Daher sind Standorte außerhalb Deutschlands so wichtig für uns. Das Werk in der Nähe von Paris bedient nur den französischen Markt. Das ist auch sinnvoll in puncto Nachhaltigkeit. Bedingt durch Logistik hat man in der Internationalisierung höhere Hürden zu nehmen.

Anna Moldenhauer: Inwiefern ist die Nachhaltigkeit über die Standortfrage hinaus ein Thema für burgbad?

Jörg Loew: Für uns zählt sie in ihrem ganzen Spektrum, ökonomisch, ökologisch und sozial. Es geht nicht darum wie viele Möbel wir mehr verkaufen, wenn wir ein Umweltzertifikat haben – sondern das diese möglichst langlebig sind. Wir waren in Deutschland der erste CO2-neutrale Badmöbelhersteller und zwar in der kompletten Kette. Das halte ich für wichtig. Gott sei Dank stelle ich bei jüngeren Verbrauchern fest, dass Wert auf die Nachhaltigkeit gelegt wird.

Robert Volhard: Und wie schaffen Sie das?

Jörg Loew: Wir verfolgen hier verschiedene Ansätze. Um unseren Stromverbrauch zu reduzieren, haben wir ein Energiemanagement eingeführt. An allen Standorten recyceln wir die Abfälle der Herstellung. Im Feld der sozialen Nachhaltigkeit zählt für uns eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Zudem ist burgbad soziales Engagement sehr wichtig, wir waren sehr früh Mitglied in der Initiative "Wir zusammen", die Flüchtlinge integriert. Man muss mehr Eigeninitiative zeigen, nicht nur nach Subventionen rufen.

Anna Moldenhauer: Zu burgbad gehören Standorte im westfälischen Bad Fredeburg, in Greding, Lauterbach-Allmenrod sowie im französischen Nogent le Roi. Worauf sind die beiden Möbelwerke in Deutschland spezialisiert?

Jörg Loew: Unser Werk in Bad Fredeburg fertigt Echtholzfurnier und verfügt über eine Lackierstraße. In Greding bei Ingolstadt liegt der Fokus auf den größeren Stückzahlen. Die Oberflächen, die dort mit großem Know-How hergestellt werden, sind aus Echtholzfurnier, Thermofront und Melamin. Um die modernen Möbel zu fertigen, ist viel Fachverstand und handwerkliches Können erforderlich, zudem sorgt ein Algorithmus dafür das so wenig Verschnitt wie möglich anfällt. Wir fertigen ausschließlich auftragsbezogen und haben an allen Standorten eine eigene Schreinerlehrlingsausbildung.

Anna Moldenhauer: Wo liegt Ihr Fokus, wenn Sie industrielle Manufaktur und Volumen verbinden?

Jörg Loew: Hersteller sind meist in dem Bereich am besten, in dem ihre historischen Wurzeln liegen. Wenn ein Keramikproduzent plötzlich Möbel herstellt, dann fehlt ihm vielfach die Expertise. Wir wollen lieber Spezialisten sein. Damit sind wir in der Lage sowohl industrielle Manufaktur als auch Volumenprodukte herzustellen. Durch unsere hohe Fertigungstiefe und Losgröße sind wir in der Lage auf die Individualisierung für den Endverbraucher einzugehen.

Anna Moldenhauer: Ist die hohe Fertigungstiefe ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal von burgbad gegenüber den Mitbewerbern?

Jörg Loew: Auf jeden Fall. Ganz viele Möbler arbeiten als "Sampler". Das ist sehr einfach: Teile kaufen, zusammenschrauben, fertig. Wenn man viele Segmente abdecken will, muss man verschiedene Ausprägungen leisten können. Da sieht man ein tieferes Know-how. Zudem bietet es den Designern mehr Spielraum: Wenn man den Lack selbst aufbringt oder die Biegung der Einzelteile, dann gibt es in der Kreation weniger Grenzen.

Anna Moldenhauer: Mit "RGB" von Stefan Diez hat Burgbad einen neuen Weg eingeschlagen – das Baukastensystem ist im Grunde in der ganzen Wohnung einsetzbar. Was war hier der Antrieb?

Jörg Loew: Die Genetik von Burgbad ist in einem stetigen Wandel und wird immer mit Blick auf die Zukunft weiterentwickelt. Ein schönes Produkt zu machen reicht heute nicht mehr. Wir wollen mehr bieten, auch über das Bad hinaus. So ist die Idee zu "RGB" entstanden – unsere Möbel müssen ja nicht zwingend auf das Bad beschränkt bleiben. Sie funktionieren auch in den anderen Räumen. "RGB" ist leicht zu montieren. Und ich kann das System natürlich mitnehmen, wenn ich umziehe. Es passt in die heutige, mobile Welt.

Jörg Loew, Vorstand burgbad
Sabine Meissner, Marketingleiterin burgbad

Anna Moldenhauer: Wie war die Resonanz auf der imm cologne in diesem Jahr bisher zu "RGB"?

Jörg Loew: Auf der imm cologne gab es auf "RGB" wahnsinnig gute Resonanzen. Umso schöner war es, dass viele der internationalen Designer und Architekten auf der Messe bei uns vorbeigeschaut haben und von "RGB" begeistert waren. Das hat uns ermutigt, mit dem Produkt vor allem zu Vermarktungspartnern zu gehen, die wohn- und einrichtungsaffin sind.

Anna Moldenhauer: Ich stimme Ihnen zu – hatte aber auch den Eindruck, dass sich die Besucher das Produkt in Funktion und Qualität sehr genau angeschaut haben und somit am Ende tiefer überzeugt waren.

Jörg Loew: Das stimmt. Wenn es einmal sitzt, dann sitzt es. Produkte wie "RGB" passen auch besser zur Lebensrealität in den Städten. Eine Variable die zeitlos ist, sich gut kombinieren lässt. Und die sowohl auf kleinen Flächen wie in schwierigen Architekturen funktioniert. Wir prüfen das Produkt aktuell und entwickeln es weiter. Bisher haben wir ja nur einen kleinen Ausschnitt gezeigt, um den Kunden nicht mit den Möglichkeiten der Individualisierung zu überfordern.

Robert Volhard: Microliving ist ja zurzeit eines der vieldiskutierten Themen – als Reaktion werden in der Architektur von kleinen Apartments die Übergänge fließender. Wie sehen Sie da die Position von Burgbad?

Jörg Loew: Früher war eine offene Küche undenkbar, das ist heute anders. Beim Bad bin ich noch verhalten, weil es ein Nassraum und eine Intimzone ist. Das Problem sind auch die unterschiedlichen Klimabereiche. Im Schlafzimmer hat man es meist gerne kühl, im Bad eher warm. Das Badmöbel an sich muss heute einfach mehr Facetten bieten, wie bei "RGB" von Stefan Diez, "MYA" von Jeannette Altherr oder auch unserem Systemprogramm "Flex" von Teresa Meister. Letzteres ist beispielsweise höhenverstellbar, erweiterungsfähig und wächst mit, ohne den Eindruck eines Kinder- oder Krankenzimmers zu erzeugen. Wir haben die Funktion mit Wohnlichkeit verbunden und damit einen lebenslangen Begleiter geschaffen, der funktional und ästhetisch ist.

Anna Moldenhauer: Was ist Ihnen neben dem Produkt mit Blick auf die Präsentation auf den Messen wichtig?

Jörg Loew: Zum Gesicht nach außen gehört der Messestand. Wir achten sehr darauf, dass dieser auch die Genetik der Marke zeigt. Die Präsentation hat immer den Anspruch, auch Architektur zu sein. Wir arbeiten hierfür seit langem mit dem Architekturbüro Bottega + Erhardt aus Stuttgart zusammen.

Anna Moldenhauer: Gibt es eine Entwicklung im Badbereich, die sie im Moment spannend finden?

Jörg Loew: Was immer wichtiger wird, ist die integrierte Beleuchtung bei Badmöbeln. Da sich der Lichtbedarf über den Tag ändert, haben wir eine Spiegelschrankbeleuchtung entwickelt, die man manuell oder automatisch anpassen kann. Ein anderes Thema ist die Leichtbauweise, gerade für die städtischen Bereiche und auch mit Blick auf den Retailbereich. Über diesen Weg lassen sich auch die Transportkosten minimieren. Dazu kommen die großen Themen der Sicherheit im Bad und eine ideale Atmosphäre für tägliche Spa-Rituale zu schaffen, die der Entspannung dienen.

Anna Moldenhauer: Können Sie mir zum Abschluss noch einen Ausblick geben, wohin burgbad sich entwickeln möchte?

Jörg Loew: Wir müssen den Handwerker und Fachhändler ebenso abholen, wie den Endverbraucher. Unsere Herausforderung ist der Markenbasis als Ausstatter von stilsicheren, zeitlosen Badmöbeln treu zu bleiben und gleichzeitig zu zeigen, dass wir über das Bad hinaus Spezialisten für Möbel und anspruchsvolle Einrichtungen sind. Produkte wie "MYA" von Jeannette Altherr und "RGB" von Stefan Diez stellen diese Kompetenz unter Beweis.