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Paris, 12. September 2021: Stoffbahnen werden vor den Außenmauern des Arc de Triomphe entrollt.

Verborgen für die Sichtbarkeit

Vom 18. September bis zum 3. Oktober 2021 wird das letzte Projekt der KünstlerInnen Christo and Jeanne-Claude zu sehen sein: Die Verhüllung des Arc de Triomphe in Paris.
von Anna Moldenhauer | 15.09.2021

Den öffentlichen Lebensraum teilweise und temporär zu verhüllen, um den gewählten Ausschnitt somit hervorzuheben: Christo and Jeanne-Claude haben mit dieser Idee und ihrer spektakulären Umsetzung internationalen Ruhm erlangt. Ab den 60iger Jahren realisierten sie außergewöhnliche Aktionen, die das Alltägliche zum Besonderen werden ließen und neue Sichtweisen eröffneten. So verhüllten sie beispielsweise einen Küstenstreifen in Australien, spannten einen Vorhang durch das Tal der Rocky Mountains in Colorado, verpackten den Reichstag in Berlin oder ließen quer durch den Central Park in New York City safrangelbe Stoffbahnen wehen. In den letzten Jahren sorgten die Projekte "The London Mastaba" und "Floating Piers" für Aufsehen: Auf dem Serpentine Lake schwamm so eine abstrakte Installation aus Ölfässern in Rot, Weiß, Blau und Lila, in der Form eines Pyramidenstumpfes den "Mastaba" nachempfunden, traditionelle Grabbauten der altägyptischen Kultur. Für "Floating Piers" verband Christo den italienischen Iseosee durch schwimmende Stege mit dem Festland und ließ die BesucherInnen sprichwörtlich über das Wasser wandeln.

Vom 18. September bis zum 3. Oktober 2021 ist nun in Paris ein Projekt zu sehen, das gleichzeitig auch einen Abschied bedeutet: Jeanne-Claude starb 2009, Christo im Mai letzten Jahres. Mit der Realisierung der grandiosen Umhüllung des Triumphbogen wird ihr Lebenswerk posthum vollendet, das von einem kompromisslosen Engagement für die Kunst geprägt war. Jedes Projekt erforderte eine jahrelange, mitunter jahrzehntelange Vorbereitung und stetiges Ringen um behördlichen Genehmigungen. Die Planungen zur Verhüllung des berühmten Kriegsdenkmals Arc de Triomphe des Architekten Jean-François-Thérèse Chalgrin begannen so bereits 1961. Es ist das zweite Projekt von Christo und Jeanne-Claude in Paris: 1985 verhüllten sie die Pont Neuf, die älteste Brücke der französischen Hauptstadt. Nun wird der Arc de Triomphe mit insgesamt 25.000 Quadratmetern Polypropylengewebe in Silberblau verdeckt, die Arbeiten sind bereits so gut wie abgeschlossen. Wie schon bei den vorhergegangenen Projekten ist vorgesehen während der Laufzeit kostenfreie Textilproben der Verhüllung an die BesucherInnen zu verteilen, um Vandalismus an dem Kunstwerk vorzubeugen. Ebenso wird nach Ende der Laufzeit sowohl das Textilgewebe industriell recycelt, wie die für die Fixierung notwendigen 3.000 Meter Seil und 312 Tonnen Stahl, die als Unterkonstruktion dem Schutz des Bauwerks dienen. Zahlreiche deutsche Unternehmen sind an der Umsetzung beteiligt, wie Schlaich Bergermann Partner als Konzeptionsingenieure, Setex-Textil als Lieferant der Stoffe, sowie Queens of Structure für die Stahlbaugerüste an der Fassade oder die Gewebe- und Seiltechniker vom Büro für Leichtbau. Außergewöhnlich ist zudem die Finanzierung: Christo and Jeanne-Claude stemmten die Verhüllung des Arc de Triomphe wie alle vorangegangenen Projekte unabhängig von Sponsoren jeweils allein mittels Geldern aus dem Verkauf von Zeichnungen und Modellen sowie über Bankkredite.

"Die Kunst ist unser Leben" sagte Jeanne-Claude einmal. Mit der Verhüllung des Arc de Triomphe erfährt die stetige Hingabe des Duos die Wahrnehmung von Architektur und Landschaft im Sinne einer Kunstform zu verändern eine eindrucksvolle Ehrung, die weit über Paris hinaus strahlt.

Öffnungszeiten:
Das Denkmal wird wie gewohnt für die Öffentlichkeit zugänglich sein - täglich von 10 bis 23 Uhr, während der gesamten Dauer des Projekts (Installation, Ausstellung, Abbau).

Pl. Charles de Gaulle
75008 Paris, Frankreich

Zeitraffer der Stoffinstallation vor den Außenwänden des Arc de Triomphe.
Vor den Außenmauern des Arc de Triomphe werden Stoffbahnen entrollt.