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NACHHALTIGKEIT
Mehrschichtiger Lernraum

Das “College of Forestry” der Oregon State University wurde erweitert. Die zwei neuen Gebäudekomplexe integrieren den Lehrgedanken in ihr architektonisches Konzept und werden dadurch zu nachhaltigen Lernräumen.
von Alexander Russ | 21.04.2021

Im besten Fall ist ein Gebäude nicht nur ein Volumen, das Funktionen in sich aufnimmt, sondern ein räumliches Ensemble, das eine Idee vermittelt. Diesem Konzept folgen die beiden von Michael Green Architecture entworfenen Erweiterungen des “College of Forestry” der Oregon State University im Westen der USA. Dort beschäftigen sich die Lehrenden und Studierenden mit der Entwicklung und Bewirtschaftung von Wäldern sowie ihrer Geschichte. Holz wird in diesem Kontext nicht nur als Rohstoff, sondern auch als Teil des Lebensraums von Flora und Fauna betrachtet. Dabei geht es natürlich auch um das Thema Nachhaltigkeit, weshalb die Ansprüche an die beiden Erweiterungsbauten entsprechend hoch waren.

Im Einzelnen handelt es sich um die “Peavy Hall“ und das “Advanced Wood Products Laboratory”. Letzteres dient mit seinen circa 1.700 Quadratmetern als Forschungslabor, in dem neue Holzprodukte und -technologien entwickelt und getestet werden können. Die Laborfläche ist in zwei Bereiche unterteilt: das sogenannte “Structural Testing Bay“, in dem das Tragwerksverhalten bestimmter Holzkonstruktionen mit einer Höhe von bis zu drei Geschossen untersucht werden kann, und ein Fertigungsraum für die Entwicklung neuer Produkte, der mit modernster Robotertechnik ausgestattet ist. Die Architekten reagierten auf die damit verbundenen Anforderungen mit einer Halle, deren Tragwerkskonstruktion aus Brettschichtholzträgern und Stützen besteht. Sie ermöglichen großzügige Spannweiten mit einer daraus resultierenden Nutzungsflexibilität. Die Innenwände und Decken sind passend mit Sperrholzplatten verkleidet, während die Fassade durch den Kontrast aus dunklen Metallpanelen und transluzenten Polycarbonatplatten geprägt ist.

Advanced Wood Products Laboratory

Die "Peavy Hall" besteht aus zwei orthogonal zueinander angeordneten Flügeln, von denen der nach Süden ausgerichtete Teil direkt an den Bestand der “Richardson Hall“ anschließt. Das Gebäude beherbergt auf etwa 7.700 Quadratmetern verschiedene Seminarräume, Computerräume und Labore. Es orientiert sich bei seiner räumlichen Ausformulierung am umgebenden Grünraum, der auch ein Arboretum beinhaltet. Die gesamte Vegetation auf dem Gelände stammt aus Oregon, weshalb deren architektonische Miteinbeziehung ein wichtiger pädagogischer Aspekt für die “Peavy Hall“ ist. Dementsprechend gibt es viele Bezüge nach Draußen wie etwa in den Holztreppenhäusern mit ihrem natürlichen Tageslicht oder dem großzügigen “Roseburg Forest Products Atrium“ im verglasten Nord-Südflügel. Zentrales Element des Atriums ist eine große Freitreppe, die als Treffpunkt dient und deren Sitzstufen zum Verweilen einladen. Zusätzlich gibt es mehrere informelle Lernräume, die sich auf die einzelnen Erschließungsflächen verteilen. So sitzt man im zweiten Stock in einer von Baumkronen umgebenen Lernlandschaft und kann im ersten Stock über einen Luftraum in das darunterliegende Atrium blicken.

Peavy Hall

Wie beim “Advanced Wood Products Laboratory” diente der Werkstoff Holz auch bei der “Peavy Hall“ als primäres Konstruktionsmaterial. Bei der Tragwerksstruktur kam Douglasie aus der Umgebung zum Einsatz, während die Fassade mit acetyliertem Oregon Red Alder verkleidet ist, um den Befall durch Pilze oder Insekten zu verhindern. Gleichzeitig mussten die Architekten auf die seismischen Tätigkeiten des Orts reagieren. Deshalb entschieden sie sich für ein “CLT Rocking Wall System”, bei dem die Wände aus einzelnen Segmenten bestehen, die durch ein Vorspannsystem miteinander verbunden sind. Bei einem Erdbeben können sie sich flexibel bewegen und dadurch besser auf die Erschütterungen reagieren. Zudem ist ein individueller Austausch der einzelnen Wandsegmente möglich. Zuletzt ist es auch die Digitalisierung, die zum nachhaltigen Konzept und zur Idee einer Architektur als Lernraum beiträgt: So wird die Holzkonstruktion von über 200 Sensoren überwacht. Sie sammeln Daten über vertikale und horizontale Bewegungen oder den Feuchtigkeitsgehalt des Gebäudes und geben einen möglichen Ausblick auf das zukünftige Bauen mit Holz.