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Die Gewinnerin des diesjährigen Salone Satellite Awards: Lani Adeoye (Mitte) mit Claudio Feltrin, President, CEO of Arper und President of FederlegnoArredo (links) sowie Maria Porro, Präsidentin des Salone del Mobile.Milano (rechts).

REVIEW – SALONE DEL MOBILE 2022: SALONESATELLITE
In Zukunft divers

Spot an für sechs junge Gestalterinnen, deren Arbeiten uns im Rahmen des SaloneSatellite und der Milan Design Week aufgefallen sind.
von Jasmin Jouhar | 21.07.2022

Lani Adeoye

Die glückliche Gewinnerin des diesjährigen Salone Satellite Awards ist Lani Adeoye aus Nigeria, die von der Jury für die Gehhilfe RemX ausgezeichnet worden ist. "Eleganz und Würde treffen aufeinander in einem Objekt, das allen nützlich sein kann", lautet die Begründung der Jury. Adeoye sei es mit RemX gelungen "lokale Prozesse mit globaler Designinspiration zu verbinden." Genau wie ihre Kollektion von Sitzmöbeln, Beistelltischen und Leuchten namens Ekaabo lässt die in Lagos lebende Designerin auch die Gehhilfe in Nigeria von lokalen Handwerker:innen herstellen. Dabei bringt sie verschiedene traditionelle Techniken zusammen und entwickelt sie weiter. Lani Adeoye ist in London geboren und in Lagos aufgewachsen, später immigrierte ihre Familie nach Kanada. Sie hat Interiordesign in New York studiert. Ekaabo ist Yoruba und bedeutet Willkommen, die Designerin möchte mit ihrer Kollektion der westafrikanische Gastfreundschaft huldigen.

Aino Michelsen

Ganz klar und aufgeräumt sah er aus, der Stand von Aino Michelsen auf dem Salone Satellite, der Nachwuchsplattform des Salone del Mobile. Die finnische Designerin mit eigenem Studio in Helsinki hatte einen Stuhl und einen Beistelltisch aus Holz mitgebracht – doch die beiden auf den ersten Blick so einfachen Möbel haben es in sich. Denn sie lassen sich in der Tradition des "Knock-down-furniture" einfach zusammen- und auseinanderbauen. Die Einzelteile können entsprechend flach verpackt und verschickt werden. Zwischen den Möbeln hing zudem ganz unauffällig eine kleine, weiße Pendelleuchte. Sie stammt aus einem Forschungsprojekt von Michelsen, die gerade mit einem Material aus Papier und Wolle experimentiert. Die Designerin hat ihren Master an der Königlich Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen gemacht und an der Fiskars Village Art & Design Biennale teilgenommen.

Anna Koppmann

Wie es scheint, ist The (un)ordinary Chair von Anna Koppmann ein ganz normaler Esstisch-Stuhl. Aus Holz gefertigt, mit vier Beinen und einer Lehne, so stand er in der Schau "Forest Tales", die im Mailänder Ausstellungshaus Triennale zu sehen war. Doch der Stuhl verstößt gegen die ungeschriebenen Gesetze des Schreinerhandwerks, weil er aus gleich drei verschiedenen Hölzern besteht, erkennbar an den unterschiedlichen Farben der Teile. Damit trägt Koppmann der Tatsache Rechnung, dass Mischwälder gesünder und widerstandsfähiger sind als Monokulturen einzelner Baumarten. Entstanden ist das Stück in Zusammenarbeit mit dem American Hardwood Export Council Europa (AHEC). Gerade arbeitet die Berliner Designerin außerdem mit ihrer Kollegin Marie Radke daran, das Projekt First Aid Gloves zur Serienreife zu bringen: Einmalhandschuhe für Notfälle, die mit Anleitungen zur Ersten Hilfe bedruckt sind. Dafür beziehen die beiden ein Gründungsstipendium der Universität der Künste Berlin.

Carina Deuschl

Auch Carina Deuschl aus München hat zum ersten Mal beim Salone Satellite ausgestellt. Für die Teilnahme beworben hatte sie sich allerdings bereits 2020 – auch den jungen Designer:innen durchkreuzte die Pandemie gründlich die Pläne. Die ausgebildete Innenarchitektin hat die relative Ruhe der vergangenen zwei Jahren aber genutzt, um ihre Ideen auszuarbeiten und neue Entwürfe zu entwickeln. Parallel hat sie unterrichtet und Innenarchitektur-Projekte umgesetzt. Beim Satellite 2022 zeigte Deuschl nun mehrere Möbelentwürfe, unter anderem den höhenverstellbaren Schreibtisch Orca und ein dazu passendes Regalsystem, das auf Steckverbindungen basiert. Außerdem eine Pendelleuchte namens Balance und den kompakten Stahlrohr-Stuhl You. You gibt es als Drei- und Vierbein, mit Sitzfläche und Rückenlehne aus Kunststoff. Dank der Y-förmigen Einschnitte geben die Kunststoffteile unter dem Gewicht der Nutzer:innen nach und bieten so unerwarteten Sitzkomfort. Der Hingucker am Stand: die gierig geldverschlingende Spardose Moneymonster.

Anna Arpa

Keine Schraube, kein Leim, das versprach die Italienerin Anna Arpa mit ihrem Stand auf dem Salone Satellite. Die ausgebildete Architektin hat sich ganz dem Material Holz verschrieben und eine Reihe von ausgeklügelten Möbelstücken entworfen, die alleine mit Steckverbindungen zusammengehalten werden. Dass das Holz mit den Jahren schrumpfen wird, hat Arpa bei der Konstruktion berücksichtigt. Zudem fiel an ihrem Stand ein wildes Zick-Zack auf, sowohl eine Tischplatte als auch einige der Details flirrten in dem mehrfarbigen Muster. Hinter diesem dekorativen Effekt steckt jedoch mehr: Die Mailänderin Anna Arpa hat es sich zur Aufgabe gemacht, Reste aus der Möbelproduktion weiter zu verwenden. Dafür hat sie massive Stücke von zehn verschiedenen Hölzern nach Art des Fischgrät zu Platten verleimt und daraus ihre Entwürfe gefertigt. Arpa war zum ersten Mal beim Satellite dabei, die Kollektion hat sie während der Pandemie entwickelt.

Alexandra Gerber

Ein Wechselrahmen für Fotos und Bilder – damit konnte die Designerin Alexandra Gerber im vergangenen Jahr den renommierten Schweizer Designpreis gewinnen. Eigentlich ein eher randständiges Produkt, dem Gerber mit ihrem Entwurf aber einen hintergründigen Witz verliehen hat: Die Glasscheibe lässt sie mit einem farbigen Rahmen beschichten, wie man ihn von den Windschutzscheiben der Autos kennt. "Untitled" war jetzt in Mailand zu sehen, in der von der Kulturstiftung Pro Helvetia organisierten Präsentation "Design Switzerland's Living Spaces". Den Rahmen gibt es in verschiedenen Größen, Farben und mit unterschiedlichen Druckmotiven, Gerber vertreibt ihn selbst über einen Onlineshop. Die Designerin kommt aus der französischen Schweiz und hat einen Master in Produktdesign von der Hochschule Ecal. Seit einigen Jahren lebt sie in London, sie hat unter anderem bei Tom Dixon gearbeitet. Zu ihren Arbeiten gehören auch das Regalsystem Up, die Studie einer Leuchte für Ecksituationen und maßgefertigte Regale, die sie für eine Wohnung in London entworfen hat.