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Daniela Fantini

Balance mit starken Gesten

Das italienische Familienunternehmen Fantini kann auf starke Wurzeln bauen: 1947 gegründet, ist der Armaturenhersteller mit Sitz am malerischen Ortasee seit Beginn renommiert für außergewöhnliche Designs und eine durchweg hohe Qualität. Was Fantini ausmacht, sagt uns die CEO Daniela Fantini im Interview.
04.04.2023

Anna Moldenhauer: Daniela, als du dich entschlossen hast in das Unternehmen einzusteigen, warst du gerade mitten in deinem Jurastudium. Was hat dich damals zu diesem Schritt bewogen?

Daniela Fantini: Die Verbundenheit mit dem Unternehmen, das einst mein Vater Giovanni und mein Onkel Ersilio gegründet haben, war seit Kindertagen sehr stark. Unser Zuhause ist direkt mit den Firmenräumen verbunden und als Kind habe ich meinen Vater oft mit dem Fahrrad durch die Hallen der Fabrik begleitet, wenn er beispielsweise die Galvanikanlage überprüft hat. Das Unternehmen war seine Leidenschaft, er hat an jedem Tag der Woche für den Erfolg von Fantini gearbeitet. Mitte der Siebziger Jahre lernte er durch Zufall zwei Architekten kennen, Paolo Pedrizzetti und Davide Mercatali. Sie entwarfen "I Balocchi", Armaturen in kräftigen Farben und mit voluminösen Formen. Mit Fantini fanden sie einen Hersteller, der sich traute, diese Idee umzusetzen. Bis dato waren alle Badarmaturen in der Branche ähnlich, daher war dieser Moment entscheidend für Fantini. Die Armatur war bis zu diesem Zeitpunkt kein Gestaltungselement, hatte keine Identität. Ich trat 1982 in das Unternehmen ein, auf dem Höhepunkt der I Balocchi Serie. Die Aufbruchstimmung hat mich angezogen und ich habe gespürt, dass dieses Design entscheidend für den weiteren Weg des Unternehmens war. Als mein Vater 1990 plötzlich verstarb, war ich bereits zehn Jahre in die Abläufe eingebunden. Ich habe in dieser Zeit die Wertschätzung und Passion aufgesogen, die mein Vater und mein Onkel in das Unternehmen gesteckt haben. Trotzdem war es ein großer Schritt die Nachfolge anzutreten, denn mein Vater war das Herz und die Seele des Unternehmens. Mittlerweile sind auch meine Cousins Luigi und Domizio sowie meine Schwester Luciana mit Fantini verbunden. Ebenso wird unser Weg durch das außergewöhnliche Team geprägt, mit dem ich arbeite. Um die richtige Auswahl der Designs und der Kooperationen zu treffen braucht es Engagement. Viele der Produkte von Fantini sind so heute Bestandteil von musealen Dauerausstellungen wie die Armatur "Calibro" von Davide Mercatali und Paolo Pedrizzetti, die im MomA in New York City zu sehen ist. Ebenso wurden die Armaturen mit zahlreichen Designpreisen ausgezeichnet, wie den Compasso d’Oro ADI im Jahr 2020 für die von Paik Sun Kim entworfene Mischbatterie "AK/25" aus der Boffi-Fantini Aboutwater Kollektion. Piero Lissoni, einer der berühmtesten italienischen berühmtesten internationalen Architekten und Designer, arbeitet seit bereits seit den späten 1990er Jahren mit uns zusammen. Kurzgesagt: Mein Job ist für mich der beste der Welt.

Der Anspruch von Fantini ist es seit jeher etwas Neues zu entwerfen. Was braucht ein Armaturendesign heute, um diesen zu erfüllen?

Daniela Fantini: Für uns sind Partnerschaften mit Unternehmen und Kreativen essenziell. In dieser Zusammenarbeit entstehen handgefertigte und künstlerische Armaturen, wie die Serie Venezia aus Muranoglas von Venini. Jedes Element ist ein Unikat. Wir sind immer auf der Suche nach originellen Details, neuen Herangehensweisen, Experimenten, sowohl in der Gestaltung wie in der Fertigung.

Wird es zum Salone del Mobile 2023 eine neue Kooperation geben?

Daniela Fantini: Im Rahmen der Mailänder Designwoche planen wir ein neues Kapitel in unserer sehr erfolgreichen Kooperation "Aboutwater" mit Boffi aufzuschlagen, die wir vor zehn Jahren mit Naoto Fukasawa als Designer begonnen haben. Die Präsentation wird in einer aufregenden Installation von Piero Lissoni gezeigt! Mehr kann ich noch nicht verraten, aber die LeserInnen dürfen gespannt sein und sind herzlich eingeladen, uns in unserem Mailänder Showroom zu besuchen!

Die umweltschonende Vorgehensweise ist ein Kernaspekt für Fantini – kannst du uns ein Beispiel nennen, inwiefern Fantini nachhaltig produziert?

Daniela Fantini: Wir beziehen die Nachhaltigkeit in jeden Schritt der Produktion ein, es ist ein Grundsatz, der unser Handeln auf jeder Ebene leitet. Alle unsere Komponenten stammen aus Italien, idealerweise aus einem Umkreis von 50 Kilometern um unseren Sitz am Ortasee. So reduzieren wir sowohl unseren CO2-Fußabdruck und sparen gleichzeitig hohe Transportkosten. Auch sind wir der Ansicht, dass ein Produkt von Fantini im Grunde ewig halten sollte. Uns geht es nicht darum einem Moment, einer Mode zu folgen. Die Armaturen sind im Material wie im Design langlebig.

Was ich interessant finde – die Armaturen sind zeitlos im Design, aber trotzdem besonders, mutig im Ausdruck, in der Farbe und im Material. Ihr findet auch mit starken Gesten eine Balance in der Gestaltung. Wie erreicht ihr diese?

Daniela Fantini: Jedes Projekt ist unterschiedlich, die Balance entsteht durch den Austausch, das Zusammenspiel zwischen Fantini und den DesignerInnen. Die Produkte werden gemeinsam entwickelt, damit sie in jedem Detail zur DNA von Fantini passen. Zudem investieren wir stetig in die Forschung, sind immer offen für neue Herangehensweisen, sei es in der Gestaltung, der Fertigung oder der Technologie.

Casa Fantini

Was wünscht du dir für die kommende Zeit?

Daniela Fantini: Pandemiebedingt war es seit 2020 kaum mehr möglich Gäste in unserem Casa Fantini Boutique Hotel zu empfangen, daher würde ich mich freuen, nun wieder vermehrt Menschen aus aller Welt bei uns begrüßen zu dürfen. Zudem arbeiten wir parallel an zahlreichen Projekten wie “100 Brunnen: Fantini für Afrika" – dem Bau einer regionalen Wasserversorgung in Masango, Burundi und "S.A.I.L.I.N.G", einem wissenschaftlich-fotografischen Projekt in Zusammenarbeit mit dem National Research Council of Italy, zur Überwachung der Wasserqualität im Lago Maggiore und im Ortasee. Wir glauben, dass wir mittels Partnerschaften mit Unternehmen, die unsere Vision, unsere Ethik und unsere Vorstellung von Design teilen, interessante Synergien und Innovationen schaffen können.


Fantini @ Milan Design Week
Via Solferino 18
20121 Mailand

Öffnungszeiten:

18. bis 22. April 2023: 10 bis 21 Uhr
23. April 2023: 10 bis 18 Uhr

Die Marke Aboutwater verkörpert seit 2011 die gemeinsame Vision von Boffi und Fantini, die unter dem Label ihre Designkompetenz vereinen. In Mailand präsentiert Aboutwater drei erfolgreiche Produktfamilien, die alle überarbeitet wurden: "PIPE" von Marcel Wanders, "ECLIPSE" von Studio Charlie und "GARDEN" von Piero Lissoni.

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