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Aus dem charakteristischen Kabel seiner Leuchte "Filo" schuf Andrea Anastasio auf der Banketttafel des italienischen Botschafters in Stockholm expressive Skulpturen.

Diplomaten, Diskurse, Dekorationen

Foscarini hat anlässlich der Stockholm Design Week 2018 zu einem Empfang in die italienische Botschaft in der schwedischen Hauptstadt geladen.
von Fabian Peters | 05.03.2018

Die Kulisse ist imponierend. Schon unser Taxifahrer raunt anerkennend, als wir ihm die Adresse nennen. Djurgården – hier wohnen die "Überreichen", wie er sich ausdrückt, hier lebt Prinz Carl Philip und hier residiert seit 1926 auch der italienische Botschafter in Schweden. "Oakhill" heißt das 40-Zimmer-Schloss, das der Architekt Friedrich Boberg in den Jahren 1907 bis 1910 für Prinz Wilhelm von Schweden und seine frisch angetraute Gemahlin, die russische Prinzessin Maria Pawlowna, errichtete. Nach dem Scheitern der Ehe kaufte der italienische Staat das prachtvolle Anwesen.
Hierhin hatte der Leuchtenproduzent Foscarini anlässlich der Stockholm Design Week 2018 zu einem Dinnerempfang eingeladen. Eigens zu diesem Event baute der Designer Andrea Anastasio in den Repräsentationsräumen der Residenz eine Reihe von Lichtinstallationen auf, bei denen er natürlich auf Foscarini-Produkte zurückgriff.

Designer Andrea Anastasio (l.), Carlo Urbinati, Gründer und Präsident von Foscarini (m.) und der italienische Vizebotschafter in Schweden, Walter di Martino (r.)

Pracht und Dekonstruktion

Das müssten wir sehen, begrüßt uns der Anastasio auf "Oakhill", und führt unsere kleine Gruppe zunächst direkt in die Küche des Gebäudes. So groß und so hoch wie ein kleiner Ballsaal, kann hier spielend eine ganze Armee von Köchen Staatsbankette zubereiten. In den Repräsentationsräumen dann Stuckpracht und Holztäflungen, Ölgemälde und Louis-quinze. Und durch die Fenster der Blick auf den Stockholmer Schärengarten und die Lichter der Stadt.
Keine Frage – Anastasio war von Beginn an klar, dass er auf Größe und Ausstattung der Räume in diesem Palast reagieren musste. In den Mittelpunkt stellt er dabei seine Leuchte "Filo", die Foscarini 2017 vorgestellt hat und die seitdem vielfach ausgezeichnet wurde. Mit der kleinen Leuchte erforscht der Designer einen dekonstruktivistischen Gestaltungsansatz: Er trennt die technischen Komponenten – das lange Stromkabel, den kleinen konischen Schirm, den minimalistischen Fuß – von den dekorativen Elementen: unterschiedliche farbige Glaskörper, die wie Perlen auf das Kabel aufgezogen werden. Anastasio lässt diese künstlerische Position in das direkte Zwiegespräch mit den Stillleben des Esssalons und den Blumentapeten des kleinen Salons treten, die eine ganz andere Auffassung von Dekor verraten.

Ornament und Silhouette

Auf der gewaltigen Speisetafel formt er dagegen aus den Kabeln von "Filo" skulpturale Formen, die vor der Folie von geschnitzten Goldrahmen und venezianischen Leuchtern ihren eigenen Beitrag zum Thema Ornament liefern. Den dritten Teil der Inszenierung bilden hinterleuchtete Stoffschirme, die scherenschnittartig die Silhouetten verschiedener Foscarini-Klassiker zeigen. "Spokes", "Twiggy", "Tuareg" – sie sind so als Schatten präsent ohne physisch anwesend zu sein. Andere Leuchten, wie etwa die Säulenleuchte "Tress", platziert Anastasio direkt in den Räumen und im weitläufigen Treppenhaus. Wohl keiner der Gäste kann sich an diesem Abend dem Zauber des Ortes und der Lichtstimmung entziehen. Es ist ein Blick in eine Welt, die sonst Spitzendiplomaten und Monarchen vorbehalten bleibt. Wir steigen wieder ins Taxi und fahren zurück in das Stockholm der gewöhnlichen Leute. Ob wir irgendwann noch einmal wiederkommen dürfen? Aber wer weiß, was Foscarini zur nächsten Stockholm Design Week plant.