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Raum für kreative Pausen

Harry Thaler ist ein facettenreicher Gestalter. Auffällig viele seiner jüngsten Projekte stammen aus dem Hospitality-Bereich. Dafür entwarf er nicht nur Architektur und Interiordesign, sondern auch maßgefertigte (Einbau-)Möbel und Leuchten. Wir haben den Designer in Südtirol getroffen und einige seiner Projekte besichtigt.
von Claudia Simone Hoff | 01.10.2025

Zwar hat Harry Thaler in London an der Royal Academy of Art studiert und einige Zeit als Designer in Hackney gearbeitet. Doch es scheint, als sei seine Heimat Südtirol das deutlich bessere Pflaster, um seinen Ansatz von leiser, zugleich konsequent nachhaltiger Gestaltung umzusetzen. Denn nahezu überall zwischen Bozen und Brixen stößt man auf Projekte, bei denen Thaler seine (Designer-)Hände im Spiel hatte, seien es Hotels, Campingplätze, Shops oder Parkhäuser. In Südtirol kennt man sich und alles liegt nah beieinander: die Orte, die AuftraggeberInnen, die HandwerkerInnen und die Freunde, die meist auch in der Kreativbranche tätig sind. Nachhaltiges Handeln, das Besinnen auf die eigenen Traditionen und Fähigkeiten sind tief in das kollektive Gedächtnis vieler Südtiroler eingebrannt, jedenfalls bei denjenigen, mit denen Thaler am liebsten zusammenarbeitet. Dazu gehören auch Carmen und Klaus Alber, die Eigentümer des Hotels Miramonti und des Monti House in St. Kathrein, die zudem Tyler Brûlés Villa Fluggi in Meran gekauft und mithilfe des Designers in ein Ferienhaus verwandelt haben.

Harry Thaler

Das erzählt Thaler, als wir ihn in seinem Silo-Studio in Lana bei Meran treffen. Carmen und Klaus Alber, so sagt er, hätten ein ausgeprägtes Bewusstsein für gute Gestaltung, ließen ihm viele kreative Freiheiten – und seien auch bereit, für deren Umsetzung zu bezahlen. Doch noch wichtiger sei, dass er sich von ihnen ernst genommen fühle und auf Augenhöhe agieren könne. Gerade für einen Designer wie Thaler ist das entscheidend, da seine reduzierten Entwürfe nur gelingen, wenn sie bis ins Detail gestalterisch wie handwerklich präzise umgesetzt werden.

Im obersten Stock seines Studios hängen Fotos eines Projekts, das er im vergangenen Jahr abgeschlossen hat: das Monti House. Auf seinem Arbeitstisch steht zudem ein Miniaturmodell aus Holz, das die Grundidee verdeutlicht: drei Häuser auf zwei Ebenen, die an einem Hang gebaut wie ein einziges großes Haus wirken. Die Einheiten sind jeweils zwischen 60 und 90 Quadratmeter groß. Drei Häuser auch deshalb, weil das benachbarte Miramonti-Hotel ursprünglich aus drei Gebäuden bestand. Vor Ort in St. Kathrein erzählt uns Thaler, dass sich auf dem Grundstück zuvor ein Ferienhaus aus den Sechzigerjahren befand, das abgerissen wurde. Hinzu kamen eine Tiefgarage samt Weinkeller, die teurer als das eigentliche Gebäude war, sowie eine geothermische Heizungsanlage. Vom Parkhaus führt ein Fahrstuhl direkt in die drei Wohneinheiten, die jeweils über eine eigene Sauna und Terrasse verfügen.

Dass Thaler die Grenzen zwischen Architektur und Design auslotet, zeigt sich am Monti House exemplarisch. Er verantwortete nicht nur die Architektur, die unter der Bauleitung von Tara Architects aus Bozen realisiert wurde, sondern auch das Interiordesign samt maßgefertigter Möbel und Leuchten. Ein Projekt ganz nach seinem Geschmack, denn Thaler liebt Gestaltungsaufgaben jenseits klassischer Produktdesigns. Für das Monti House wurden vor allem lokale Materialien eingesetzt: Porphyr, Lärchen- und Fichtenholz. Zudem entstanden in Zusammenarbeit mit Manufakturen, HandwerkerInnen und befreundeten Kreativen projektspezifische Textilien und Keramikobjekte. "Quiet Luxury" könnte man dieses Konzept nennen. Wie ausgefeilt die Zusammenarbeit mit den Betreibern des Miramonti ist, beweist auch die gerade lancierte Monti Collection, die über den Hotelshop verkauft wird. Sie umfasst eigens für das Projekt entworfene Stücke – darunter den markanten Loungesessel, einen "Stummen Diener" und Holzkleiderbügel von Thaler sowie Keramikteller und -schalen mit dem charakteristischen Monti-Logo.

Obwohl Thaler kein ausgebildeter Architekt ist, hat er sich in den vergangenen Jahren zunehmend architektonischen Projekten zugewandt. Dafür arbeitet er mit BauingenieurInnen, GeometerInnen und StatikerInnen zusammen. Und manchmal entstehen Herzensprojekte wie "Chez Mone und Harry". Vor drei Jahren nahm sich der Designer das Dachgeschoss des Hauses vor, in dem er mit der Kuratorin Simone Mair und seinen drei Kindern wohnt. Thaler hat den 50 Quadratmeter großen Raum in ein luftiges Loft verwandelt, das man eher in einer Großstadt als in Algund bei Meran vermuten würde. Wie schon im Monti House zeigt sich hier sein gutes Gespür für Interiordesign: Er entwarf einen runden Esstisch, ein skulpturales Waschbecken sowie Steh- und Tischleuchten, die im 3D-Druckverfahren aus Beton gefertigt wurden und dem Raum eine extravagante Note verleihen. Eine maßgefertigte Einbauküche mit weinroten Fronten aus Fenix und ein bequemes Doppelbett, das sich hinter einem Paravent versteckt, komplettieren das wohnliche Ambiente, während eine Terrasse mit Blick auf die Texelgruppe daran erinnert, dass man in den Alpen und nicht in einer Großstadt ist.

Nachdem Thaler mit Live Camping Merano einen Campingplatz mitten in der Stadt umgebaut und um ein Café und einen Outdoor-Swimmingpool ergänzt hatte, fragte ihn der Betreiber für ein weiteres Projekt an. Ein ungleich größeres, wie sich herausstellen sollte. Ein Besuch auf dem Campingplatz am Sonnenberg in Partschins verdeutlicht, warum: Mit den einstigen Rasenplätzen samt spartanischen Toilettenhäusern und einfachem Kiosk haben diese Anlagen nichts mehr gemein. Das Empfangsgebäude mit markantem Dach erinnert eher an ein Luxushotel – mit Rezeption, Bar, Wellnessbereich und Sonnenterrasse. Auch das Außengelände ist sorgfältig gestaltet: Neben Pool und Warmwasserbecken stehen auf den terrassierten Flächen ausschließlich Premium-Campingmobile. Das Publikum ist entsprechend qualitätsbewusst und häufig auch designaffin.

Anfang September ist Harry Thaler mit seiner Familie zu einer neunmonatigen Weltreise aufgebrochen, inklusive Besuchen bei Freunden aus der Szene in den USA und in Neuseeland. Eigentlich hat er sich vorgenommen, dabei nicht an Architektur, Design oder gar den Job zu denken. Was der umtriebige Gestalter jedoch schon jetzt weiß: In Zukunft will er sich verstärkt Projekten widmen, die ihm wirklich am Herzen liegen. Wir sind uns sicher, dass er mit jeder Menge Inspiration und neuen Ideen aus seinem Sabbatical zurückkehren wird.

Kontakt

Monti House
St. Kathreinstraße 14
I-39010 Hafling / Meran / Südtirol

Telefon: +39 0473 27 93 35

Architektur & Design