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Carolin Sangha

PORTRAIT
Mit offenem Blick

Carolin Sangha hat Schönbuch von Beginn an kreativ mitgeprägt. Für die charakteristischen Designs wechselt sie stetig zwischen den Disziplinen. Parallel führt sie ihre eigene Agentur und bringt eine nachhaltige Modelinie – Casa Nata – heraus.
Text von Anna Moldenhauer, Fotos von Daniel Breidt | 12.11.2020

Schönbuch ist eine Marke, an dessen ästhetischen Präsentationen man immer stehen bleibt: Die Kombination aus intensiven Farben und einer klaren Designsprache schmeichelt den Augen, man fühlt sich hingezogen zu den energetischen Möbeln und Accessoires. Nicht selten findet sich auf Anhieb ein neues Lieblingsstück, das man in das eigene Interiordesign integrieren möchte. Der Kopf hinter dem Markenauftritt ist Carolin Sangha, die als freie Kreativdirektorin das Unternehmen seit den ersten Schritten im Jahr 2005 begleitet, als Michael Ress die Geschäftsführung übernahm und einen umfangreichen Relaunch anstrebte. Von der Corporate Identity bis zur Auswahl der Designer hat sie Schönbuch auf dem Weg zur modernen Marke mit hohem Wiedererkennungswert mitgeprägt. Ihr besonderes Gespür für Farben kommt dabei nicht von Ungefähr: Sanghas Karriere startete in der Mode, als Redakteurin, Stylistin und Artdirektorin sowie Gründerin von "FlipFlop" und "Casa Nata". Letztere, eine nachhaltige Mode- und Schmuckmarke, führt sie bis heute. Parallel erarbeitet sie im Rahmen ihrer Agentur "casa 57" Corporate Design, Creative Consulting und Product Design mit den Schwerpunkten Fashion und Interior, auch über Schönbuch hinaus. Und als wenn das noch nicht genug wäre, um den Tag zu füllen: Unter dem Namen "Apartment 8" entwirft sie selbst Accessoires und Möbel für die Kollektion von Schönbuch. Die geradlinige Wandgarderobe "Line", die runden Wandhaken "Dots" oder der elegante Spiegelserie "View" stammen so aus ihrer Feder – allesamt Bestseller aus dem Produktportfolio Schönbuchs.

Mode für Möbel

Der stetige Wechsel zwischen den Designdisziplinen ist für Sangha selbstverständlich, Grenzen in der Kreativität sind ihr fremd. Viel Inspiration zieht sie aus der Welt der Mode, denn "Interiordesign ist im Grunde eine Kleidung für die Möbel", sagt sie. Ein Verweis findet sich bei jedem Produkt von Schönbuch, sei es in der Farbe oder der Stofflichkeit. "Ich kann die starke Verbindung zur Mode, die ich in mir trage, gar nicht ausschalten, sie fließt in alle Schritte mit ein", so Sangha. Die Farbe ist für sie neben dem Wow-Effekt eine Möglichkeit, den Objekten ihren eigenen Charakter zu verleihen, sie immer wieder anders wirken zu lassen. Schnörkel braucht es dafür nicht: "Klare Formen lassen mehr Raum für Persönlichkeit und sind einfacher zu kombinieren", so Carolin Sangha.

Produkte zu schaffen, die auffallen, aber gleichzeitig reduziert genug sind, um in bestehende Einrichtungen integriert werden zu können – das ist die Herausforderung in der Gestaltung. Für die kreative Zusammenarbeit wählt Sangha zusammen mit Michael Ress daher nur Designer aus, die die Philosophie von Schönbuch mittragen und sie in ihren Entwürfen für Schönbuch spiegeln können. Ob in der Branche etabliert oder gerade frisch von der Universität spielt für sie dabei keine Rolle. "Ich führe meist das erste Gespräch und stehe bis zum finalen Ergebnis in einem ständigen Austausch, wähle zum Schluss die Farbgebung aus und erstelle die visuelle Kommunikation", erklärt sie. Details sind ihr dabei sehr wichtig, denn wie bei einem hochwertigen Kleidungsstück soll das Objekt von allen Seiten gut aussehen, nichts die fließende Optik und Haptik stören. "Bis ein Produkt für Schönbuch final ist, braucht es seine Zeit", so Sangha. Die Funktion erschließt sich dabei intuitiv. "Ich möchte keine elitären Entwürfe machen, sondern Designs, die nah am Menschen sind und international funktionieren. Klassisch, aber mit einem Twist. Etwas greifbares, kein Traumobjekt, dass man sich nie leisten könnte", so Sangha.

Die Verbindung aus Bodenständigkeit und einem offenen, immer neugierigen Blick wurde ihr in die Wiege gelegt: Einen Großteil ihrer Kindheit verbrachte sie in Indien, einem Land, das geprägt ist von Diversität und intensiven Sinneseindrücken. "In dieser Zeit wurden meine Augen geschult und ich habe gelernt keine Scheu vor neuen Herausforderungen zu haben", so Sangha. Und fügt an: "Mir war schon früh klar, dass ich in vielen Bereichen gleichzeitig arbeiten möchte, ohne Grenzen, ohne Ängste.“ Die zahlreichen Eindrücke sammelt und visualisiert Carolin Sangha in Fotografien und Zeichnungen. "Wenn ich ein Hotelzimmer betrete, gehe ich zuerst einmal mit der Kamera herum und schaue nach schönen Details", lacht sie. Für das anschließende Sortieren dieser vielen kleinen Puzzleteile nimmt sie sich regelmäßig eine Auszeit, in der sie das Gesehene reflektiert. "Alleine zu sein hilft die Eindrücke zu verarbeiten, es ist wie ein offenes Meditieren", sagt sie. Der pandemiebedingte Lockdown wurde daher produktiv genutzt, um neue Konzepte zu entwickeln und die zahlreichen Reisen der letzten Jahre Revue passieren zu lassen. Aktuell plant sie ein neues Produkt für Schönbuch, feilt an der Edition 5 für Casa Nata und recherchiert Locations für neue Image Fotos. Alles parallel, versteht sich. "Es ist viel, aber wenn der Zeitpunkt für eine neue Idee richtig ist, sollte man ihn nicht verstreichen lassen", so Carolin Sangha.