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Kelley Perumbeti und Michael Yarinsky, GründerInnen des interdisziplinären Designstudios Office of Tangible Space

JUNGE TALENTE
Allumfassend

Mit Office of Tangible Space entwerfen Michael Yarinsky und Kelley Perumbeti in unterschiedlichsten Maßstäben und Projekttypen. Ein Portrait über das interdisziplinäre Studio aus Brooklyn.
von Stefanie Solèr | 04.12.2023

Das englische Wort "tangible", was zu Deutsch übersetzt "greifbar" heißt, lässt sich auf unterschiedliche Weisen verstehen. Einerseits gibt es das physisch Greifbare, also das Berühren eines konkreten Gegenstands oder Objekts, zum anderen lässt sich der Begriff auch in Bezug auf eine emotionale Erfahrung anwenden. Stimmungen und Gefühle können ebenso greifbar sein – nicht physisch, sondern psychisch. Als Michael Yarinsky und Kelley Perumbeti nach einem Namen für ihr Design Studio suchten, war der Begriff wie für ihr Konzept gemacht. "Wir wollten einen Namen, der unsere tägliche Arbeit, aber auch unsere grundlegende Designphilosophie in verschiedenen Maßstäben und Projekttypen widerspiegelt", so Yarinsky und Perumbeti.

Das Studio mit Sitz in New York City und San Francisco hat seine Hände dabei von Architektur und Innenarchitektur über Kunstkuration und Veranstaltungen bis hin zu einzelnen Objekten und Möbelstücken im Spiel. "Wir betrachten unsere Herangehensweise an Design als interdisziplinär, oder wie wir oft sagen "ohne Disziplin", erklären die beiden. "Im Vordergrund steht die Absicht, dass unsere Entwürfe Gefühle und Neugier wecken und zu einer Konversation mit den Sinnen einladen." Greifbar wird dies in ihren Entwürfen durch überraschende Formen und Texturen, neue und unerwartete Materialien, verspielte Details und Farben.

Für die Online-Kunstgalerie "Uprise Art" entstand ein Hybrid aus Büro, Lager und Showroom.

Die entworfenen Räumlichkeiten für die Online-Kunstgalerie Uprise Art zeigen beispielhaft ihre sich überschneidenden Interessen in den Bereichen Kunst, Design und Handwerk: Mit wenigen, aber gekonnten Eingriffen gelang es Office of Tangible Space ein Loft in SoHo in einen dynamischen Raum zu verwandeln, wo sowohl Arbeitsplätze als auch Ausstellungs- und Lagerräume für die Kunstsammlung des Unternehmens Platz finden. Die ursprünglichen freiliegenden Backsteinwände sowie die gepresste Blechdecke des Lofts mit Baujahr 1915 wurden belassen, schaffen jedoch durch einen weißen Anstrich den idealen Hintergrund für die ausgestellten Kunstwerke. Diese finden einerseits Platz in einem maßgefertigten Regal neben den Arbeitsplätzen, sowie aufgehängt an Wandelementen aus Marinesperrholz. Das Projekt betont auch die rege Zusammenarbeit des Studios mit lokalen KünstlerInnen und HandwerkerInnen.

Das Künstlerduo Chiaozza etwa, das auch bereits in der Cooler Gallery – einem kuratorischen Projekt, welches Office of Tangible Space nebenbei betreibt – ausgestellt hatte, hat die farbenfrohen Bänke im Eingangsbereich entworfen. Der Austausch mit anderen Kreativschaffenden spielt in der Arbeit von Office of Tangible Space allgemein eine wichtige Rolle. "Die größte Inspirationsquelle sind unsere kreativen PartnerInnen und das Team von talentierten DesignerInnen in unserem Studio. Es wirkt Wunder, mit Menschen zusammen zu sein, die uns täglich inspirieren.", so Perumbeti. Immer wieder arbeitet Office of Tangible Space zudem mit anderen Studios für Entwürfe zusammen – etwa für die Leuchtenkollektion "Pebble", welche in Zusammenarbeit mit Designerin Rosie Li entstand.

Die Leuchtenkollektion "Pebble" entstand in Zusammenarbeit mit der in Brooklyn ansässigen Lichtdesignerin Rosie Li und ist in ihrer Form von gestapelten Steinen inspiriert.

Ihr jüngstes Projekt ist ein Ferienhaus in East Hampton: Bei der Renovierung des Hauses aus den 1980er Jahren wollte das Duo die ursprüngliche Design-Epoche des Gebäudes, die frühe Postmoderne, aufgreifen und gleichzeitig ein neues Vokabular schaffen. Das Ergebnis sind exzentrische Formen und überraschende Konturen, die sich durch das gesamte Haus ziehen und dazu einladen, die Räumlichkeiten immer wieder aufs Neue zu entdecken. Zu einer natürlichen Materialpalette aus Stahl, Glas und Terrakotta wuden gekonnt Details und Möbel aus Holz, wie etwa das Regal im Wohnzimmer, die Kopfteile im Schlafzimmer oder der Handlauf im Treppenhaus gemischt, die in ihrer Optik förmlich dazu verleiten, sie anzufassen und ihre runden Konturen zu fühlen. "Wir versuchen in jeder Phase eines Projekts die nachhaltigsten Materialien, Methoden und Technologien einzusetzen. Wir sind jedoch der Meinung, dass der nachhaltigste Ansatz darin besteht, Räume und Objekte zu schaffen, die für eine sehr lange Zeit geschätzt werden und dadurch langlebig sind", erklären Yarinsky und Perumbeti.

In dem von Office of Tangible Space gestalteten Ferienhaus in East Hampton, New York treffen kühne Formen und organische Details auf natürliche Materialien.

Derzeit entwickelt das Studio mehrere lizenzierte Entwürfe für Möbel und Haushaltswaren sowie eine Reihe von Produkten, die sie selbst herstellen und vermarkten. Langfristig möchten sich Yarinsky und Perumbeti auf größere Projekte im Gastgewerbe und in Institutionen konzentrieren – Projekte, die die beiden weit überdauern sollen. "Die Gestaltung kultureller Projekte liegt uns sehr am Herzen. Es wäre sinnvoll, eine Schule, ein Museum, eine Bibliothek oder ein Gotteshaus zu entwerfen – damit diese für die Gesellschaft so wichtigen Räume die Menschen berühren können", so Yarinsky und Perumbeti.