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Johanna Rieder, Felicitas Rieder, Andreas Bürgler

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Das große Ganze

Rieder bietet mit Fassadenelementen aus Glasfaserbeton in vielen Varianten eine individuelle Gestaltung von Gebäudehüllen. Die HerausgeberInnen von Stylepark haben das Team in Maishofen besucht: Inwiefern die Produkte einen aktiven Beitrag zur Energiewende leisten und was die nächsten Ziele des Familienunternehmens sind, erfahren Sie im Interview.
18.11.2025

Franziska von Schumann: Welche Produkte umfasst euer Sortiment?

Johanna Rieder: Die Fassadenelemente aus Glasfaserbeton unterteilen wir in drei Hauptkategorien: "Öko Skin" Latten, "Concrete Skin" Großformatplatten und die geformten Teile "formparts". Wir vertreiben die Produkte weltweit, wobei die Hauptmärkte die USA, Großbritannien und der DACH-Raum sind. Zudem möchten wir den Architekturschaffenden mit zahlreichen Farbvarianten einen großen Gestaltungsfreiraum bieten.

Franziska von Schumann: Inwiefern ist eine nachhaltige Architektur mit Glasfaserbeton überhaupt realisierbar?

Andreas Bürgler: Mit der geringen Materialstärke von 13 Millimetern lassen sich bei geringem Ressourcenverbrauch sehr große Flächen abdecken. Diese haben keinen Alterungsgrad, erhalten mit der Zeit nur eine Patina. Die leichtgewichtigen Fassadenelemente sind extrem langlebig und brandbeständig. Das unterstreichen auch die zahlreichen Auszeichnungen, die die Projekte erhalten haben, in denen unsere Produkte verwendet wurden, wie die DGNB-Gold-Zertifizierung. Parallel führen wir jeglichen Produktionsausschuss zurück in den Wertschöpfungskreislauf. Unsere Produkte werden aktuell zunehmend für die Verkleidung von Holzkonstruktionen eingesetzt, wie bei dem größten Holzhybrid-Gebäude Deutschlands, dem Bürogebäude EDGE Suedkreuz Berlin von Tchoban Voss Architekten.

Robert Volhard: Rieder ist mit Standorten in Österreich, Deutschland und den USA international tätig. Wie verteilt sich die Produktionsauslastung und wie ist die strategische Rolle der jeweiligen Standorte?

Johanna Rieder: Unsere Hauptproduktion ist in Deutschland, in Österreich betreiben wir die Produktion der Form parts und verwalten die essentiellen Serviceleistungen. Den Standort in den USA bauen wir gerade auf, da der Markt dort für uns durchaus bedeutsam ist.

Robert Volhard: Gab es Projekte, die maßgeblich zu eurer Bekanntheit beigetragen haben?

Andreas Bürgler: Zum James Bond Film "Ein Quantum Trost" war das Bregenzer Festspielhaus einer der Drehorte. Die Fassade ist von uns ausgestattet, das war natürlich ein tolles Marketing. Einen großen Push hatten wir auch, als Zaha Hadid unsere Produkte verwendete, oder als wir 30.000 Quadratmeter Fläche für das Soccer City Stadion in Johannesburg von Boogertman Urban Edge & Partners ausstatten durften. Wir begleiten die Architekturbüros jeweils von der Idee bis zur Umsetzung.

Felicitas Rieder, Johanna Rieder, Franziska von Schumann

Franziska von Schumann: Als erster Hersteller von Fassaden aus Glasfaserbeton habt ihr 2021 auf freiwilliger Basis einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Der Bericht wurde in Anlehnung an die internationalen Standards der Global Reporting Initiative (GRI) erstellt. Was hat euch zu dieser Transparenz bewogen?

Felicitas Rieder: Wenn man etwas ändern will, ist es wichtig zu wissen wo man steht. Um den ökologischen Fußabdruck im Bausektor zu verkleinern, setzen wir auf den Dreiklang Reduzieren, Wiederverwenden, Recyceln – das garantiert die hohe Effizienz der Prozesse. Für die angestrebte Klimaneutralität des Unternehmens wenden wir die zero waste-Strategie an: 1/3 Substitution, 1/3 effizientere Prozesse, 1/3 Offset-Maßnahmen.

Johanna Rieder: Wir bieten zudem einen CO₂-reduzierten Werkstoff für nachhaltige Fassadenelemente an: 50 Prozent des herkömmlichen Zements wurden für "Matrix 3.0" durch lokale natürliche Puzzolane ersetzt. Die Substitution ermöglicht eine CO₂-Einsparung von 30 Prozent gegenüber "Matrix 2.2" sowie eine Reduktion von 23 Prozent für die Fassadenelemente. Sie stellt somit die Vorstufe zu einer zementfreien Herstellung dar.

Robert Volhard: Was sind eure nächsten Ziele?

Johanna Rieder: Eine weitere Reduktion des CO₂-Fußabdrucks und generell die Optimierungen jeglicher Prozesse. Bis zum Jahr 2030 möchten wir den Primärenergiebedarf um 40 Prozent und das Treibhauspotenzial um 50 Prozent reduzieren.

Franziska von Schumann: Was müsste sich eurer Ansicht nach hinsichtlich der Regularien ändern, damit ein nachhaltiges Bauen Standard wird?

Andreas Bürgler: Es würde sicher bereits helfen klare Richtlinien zu haben, vor allem für öffentliche Gebäude. Wir betreuen die Architekturbüros vom Rendering bis zur Realisierung und stellen oft fest, dass viele Prozesse einfacher wären, wenn die Vorgaben klarer feststehen würden.

Robert Volhard, Andreas Bürgler, Felicitas Rieder, Johanna Rieder, Franziska von Schumann

Robert Volhard: Inwiefern nutzt ihr bereits die künstliche Intelligenz für die Optimierung der Prozesse?

Andreas Bürgler: Wir möchten möglichst viele Prozesse digitalisieren, wie die Recherche für Wettbewerbe und Projekte sowie die Abstimmung zwischen den beteiligten Personen, vor allem wenn diese auf verschiedenen Kontinenten arbeiten. Auch bei der Skalierung der Projekte hilft uns bereits die KI.

Franziska von Schumann: Gibt es eurem Empfinden nach seitens der Auftrag- und Investgebenden ein Umdenken, das auch eine kleinere Rendite zugunsten des nachhaltigen Bauen akzeptiert wird?

Felicitas Rieder: Da ist sicherlich eine Änderung in der Wertestellung gefragt. Der Fokus sollte auf langfristigsten Werten liegen, statt auf kurzlebigen Effekten. Es geht darum die Prozesse zu Ende zu denken. Qualitativ hochwertige Materialien sind teurer, aber beständiger.

Andreas Bürgler: Daher versuchen wir das Thema Nachhaltigkeit bereits in der Kommunikation mit den Investierenden anzubringen und sie dafür zu sensibiliseren. Ein Projekt wird in der Regel über die Außengestaltung verkauft und wenn das Wissen um die Vorteile einer hochwertigen Fassadenverkleidung ab der ersten Stufe vorhanden ist, hat das für alle folgenden einen immensen Vorteil. Schlussendlich steigert diese auch die Lebensqualität für die Personen im Gebäude. Daher investieren wir viel Zeit in die Kommunikation.

Franziska von Schumann: Wie wichtig ist für euch das Thema Ästehtik?

Felicitas Rieder: Die authentische Lebendigkeit und Tiefe des Baustoffs zu erhalten ist für uns sehr bedeutsam. Es geht um das Gesamtbild: Eine schöne Fassade, hinter der eine Menge steckt. Auch für die Architekturbüros ist die Ästehtik ihrer Projekte immens wichtig. Daher möchten wir ihnen eine Vorstellung vom Ergebnis geben, wie mittels dem 3D-Konfigurator. Die Fassade, ihre Farbe und Oberfläche, muss bereits in der Planung greifbar werden. Wir haben gut 26.000 unterschiedliche Varianten und Größen bis zu fünf Meter Länge, eine digitale Visualisierung ist somit hilfreich.

Andreas Bürgler: Parallel gehen wir auf individuelle Anfragen ein, wie bei einem Projekt in Italien, für das die Farbe der Fassade das rötliche Braun der Erde an dem Standort aufgreifen sollte. So erweitern wir stetig unsere Auswahl mit natürlichen Pigmenten. Auch Terrazzo-Oberflächen bieten wir mittlerweile in Serienproduktion an. Darüber hinaus arbeiten wir an diversen Rundungen und testen, inwieweit wir das Material gemäß dem Bedarf anpassen können. Die Elemente können bei Bedarf im Werk geschnitten, vorgebohrt, gesäubert und gewendet werden. Ebenso ist der Einbau der Element-Unterkonstruktion möglich. Die vorgefertigten Module werden auf der Baustelle dann einfach eingehängt und feinjustiert.

Robert Volhard: Ihr seid flexibel.

Andreas Bürgler: Genau. Wir geben den Architekturbüros die Werkzeuge für die Planung in die Hand und diese können dann mit unseren Produkten frei gestalten.

Robert Volhard: Wolfgang Rieder, euer Vater und CEO der Rieder Group, hat unter anderem in Harvard studiert und ist Mitglied des dortigen Beirats für den Masterstudiengang Design Engineering. Welchen Einfluss hat das auf eure Arbeit?

Johanna Rieder: Es hat uns eine Nähe zu der jungen Generation der Kreativen gegeben sowie einen Einblick in deren Fragestellungen, Bedürfnisse und Forderungen an Projekte. Die Impulse daraus sind für uns auf jeden Fall wertvoll. Es hat auch bewirkt, dass wir ArchitektInnen besser verstehen – wie wir unseren Beitrag zu einem besseren built environment leisten können und wie wir uns hier als Fassadenhersteller besser engagieren können.

Franziska von Schumann: Wie empfindet ihr das derzeitige Marktumfeld?

Andreas Bürgler: Wir freuen uns nach wie vor über eine rege Nachfrage. Die aktuelle Diskussion um die Zölle beschäftigt uns natürlich dennoch und in dem Zuge auch die weitere Strategie. Unser Fokus ist die Nachhaltigkeit und in dem Sinne grenzen wir uns auch von vielen im Wettbewerb ab.

Franziska von Schumann: Was ist eure Vision für die Zukunft, auch mit Blick auf den Generationswechsel im Unternehmen?

Johanna Rieder: Ein Ziel von Rieder war und ist es, alte Strukturen neu zu denken und einen stetigen Transformationsprozess zu bieten. In dem Sinne spüren wir einen starken Antrieb weiter zu forschen, welche nachhaltigen Fassadenlösungen wir mit dem Material noch entwickeln können.

Felicitas Rieder: Wir sind als Familienunternehmen seit der Gründung im Jahr 1958 nun bereits in der vierten Generation und möchten, dass diese Struktur auch beibehalten wird. Daher ist jedes Mitglied sehr darum bemüht, einen guten Beitrag zum Gesamterfolg zu leisten und die Wertschöpfungskette unserer Produkte zu verlängern.

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