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Tanita Klein

JUNGE TALENTE
Gutes Bauchgefühl

Die Designerin Tanita Klein bietet mit ihren Entwürfen praktikable Antworten auf komplexe Fragestellungen. Aktuelles Beispiel: Ihr modulares Küchensystem "POSSI", das flexibel an Räume und Lebenssituationen angepasst werden kann.
von Anna Moldenhauer | 03.01.2022

"POSSI" heißt die modulare Küche von Tanita Klein, die als Zentrum im Raum immer wieder neu arrangiert werden kann – ganz nach den individuellen Rahmenbedingungen. Die Inspiration für das flexible System fand die Designerin in ihrer Heimatstadt Frankfurt, genauer gesagt in der "Frankfurter Küche". Erdacht wurde der Archetyp der modernen Einbauküche einst Mitte der 1920er-Jahre von der Architektin Margarete Schütte-Lihotzky als Teil des Stadtentwicklungsprojekts Neues Frankfurt, das von Ernst May initiiert wurde.

Für das Küchendesign hatte Schütte-Lihotzky vorab die Bewegungen des Menschen in einer Küche analysiert und ihren Entwurf daran ausgerichtet. "100 Jahre später verschwindet die Küche mit unscheinbaren Fronten und flach an die Wand gebaut geradezu in der Architektur, obwohl diese ein sozialer Raum ist, in dem wir uns sehr häufig aufhalten. Ich habe mich gefragt, warum das so ist", sagt Tanita Klein über ihren Entwurfsansatz. Mit "POSSI" hat sie ein System kreiert, das für das gemeinsame Kochen steht: Die flexiblen, modularen Küchenmöbel sind um ein zentrales Gerüst angeordnet und können jederzeit angepasst, ausgetauscht und neu zusammenstellt werden. Eine klare, praktische Struktur, deren versetzbare Ablageflächen in poppigen Farben wie Neongrün, Orange oder Rosa strahlen. Der Wechsel aus geschlossenen und offenen Flächen wirkt luftig und hält die wichtigsten Utensilien beim Kochen stets griffbereit. "Funktionalität hat für mich eine extreme Ästhetik", so die Designerin.

"POSSI"
"POSSI"
"POSSI"

"POSSI" ist lebenspraktisch gedacht und zeigt einen nachhaltigen Ansatz, wie auch die weiteren Arbeiten von Tanita Klein – sei es "A bit of blue", ein individuell gestaltbarer Esstisch aus Kiefernholzlatten, der mit pigmentiertem Holzöl behandelt wird oder die Büromöbelkollektion "Open Office", die fließende Übergänge zwischen Arbeit und Freizeit schafft. Für das "Bee Home" hat sie gemeinsam mit Space10 und Bakken & Bæck außerdem eine neue Architektur für das klassische Bienenhaus entwickelt. Jedes Design ist im Sinne einer standardisierten Produktion befreit von allem Überflüssigem, zeigt clevere Verbindungselemente und wird regional produziert. "Design sollte Gutes tun. Man sollte als GestalterIn Fragen stellen. Was bedeutet erschwingliches Design, was ist Design für Alle, wo sind die Grauzonen?", sagt sie.

Um in ihren Projekten sowohl den eigenen Beitrag einzubringen, aber auch von anderen zu lernen, schätzt Tanita Klein die Bündelung der Kompetenzen in einem Kollektiv. Wichtig für alle Stationen: Das Bauchgefühl nicht zu überhören. Das hat sie auch nach Kopenhagen geführt, wo sie aktuell lebt und arbeitet. "Ich schätze die Offenheit und Wertschätzung gegenüber Design, die ich hier erlebe", sagt sie. Zudem bietet die dänische Arbeitskultur flache Hierarchien und eine Anerkennung von gestalterischen Leistungen unabhängig von Erfahrung oder Geschlecht. "Deutschland zeigt leider immer noch Strukturen, in denen es nicht selbstverständlich ist für seine Arbeit ernstgenommen zu werden, gerade wenn man neu anfängt und zudem noch eine Frau ist", so Klein.

Zuvor hat sie nach Studien an der HfG Offenbach und der Design Academy in Eindhoven unter anderem an einem Residenzprogramm von IKEAs Research und Designlab Space10 teilgenommen sowie als Interior Designer für KSP Jürgen Engel Architekten gearbeitet. "Neben dem konzeptionellen Ansatz der Hochschulen war das für mich die perfekte Kombination", sagt sie über diese Zeit. Für die Zukunft steht nun erstmal auf dem Plan die modulare Küche "POSSI" weiterzudenken: "Ich würde gerne ein interdisziplinäres Team zusammenstellen, um das Konzept zu optimieren."

Im Herstellungsprozess für "Bee Home"