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Die Tische der Serie "Windows of Bo Bardi" des Brüsseler Studios Destroyers/Builders gibt es mit drei verschiedenen Oberflächen.

Brutal poetisch

Die Designerin Linde Freya Tangelder und ihr Studio Destroyers/Builders haben einen Beistelltisch entworfen, dessen Form von der Architektur der großen brasilianischen Architektin Lina Bo Bardi inspiriert wurde.
von Fabian Peters | 10.09.2019

"Prähistorische Löcher" nannte die Architektin Lina Bo Bardi die Lichtöffnungen ihrer Sportbauten für das Kultur- und Freizeitzentrums Pompéia in São Paulo. Entstanden zwischen 1982 und 1986, nehmen die drei hohen Betonbauten ein Schwimmbad, mehrere Sporthallen und die dazugehörigen Umkleiden auf. Bewusst brutal wünschte sich die Architektin die Ästhetik der Baukörper: "Das Schöne ist einfach, Brutalität ist komplex", befand sie. Den kubischen Hauptbau durchfensterte sie mit Reihen von unregelmäßigen Lichtlöchern. Deren freie Formen wurden bei der Erbauung des Komplexes in Kunststoff geformt und diese Körper dann mit Beton umgossen.

Der Sportkomplex des Kultur- und Freizeitzentrums Pompéia in São Paulo, errichtet 1982-1986. Die Aufnahme entstammt dem Buch "Lina Bo Bardi 100" mit freundlicher Genehmigung des Verlags Hatje Cantz.

Die organischen Formen dieser "Löcher", ihre Unregelmäßigkeit und Vielfalt, die in spannendem Kontrast stehen zu der Regelmäßigkeit der Großform des Gebäudes, faszinierten die belgische Designerin Linde Freya Tangelder, Gründerin des Brüsseler Designstudios Destroyers/Builders. Für ihre Beistelltische "Windows of Bo Bardi" ließ sie sich von der Gestalt der Wandöffnungen inspirieren. Die Tische bestehen aus jeweils drei Platten mit unregelmäßiger Kontur, deren formale Verwandtschaft mit den Fenstern des Sportkomplexes unübersehbar sind. Sie scheinen überaus labil zusammengefügt und beziehen ihre Spannung nicht zuletzt aus dem Kontrast von Massivität und – scheinbarer – Instabilität. Linde Freya Tangelder geht den Möglichkeiten dieser gestalterischen Komposition mit verschiedenen Materialien und Oberflächen nach: Die Version aus Betonwerkstoff scheint gleichermaßen auf den Bau Bo Bardis wie auf Naturformen zu verweisen. Noch organischer wirkt der Tisch aus Tulipwood. In der dritten Ausführung schließlich ist der Beistelltisch mit einem ochsenblutroten Lack überzogen, der dem "Prähistorischen" der Form einen guten Schuss Raffinesse und Verfeinerung in der Oberflächenbehandlung entgegensetzt.