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Frischer Wind in der Domstadt - mit Stoffen von Nya Nordiska

IMM Cologne 2017
Wohnst du noch oder bist du schon?

Auf geht’s, nach Köln. Vom 16. bis zum 22. Januar ist wieder imm cologne – und auch drum herum gibt es jede Menge zu entdecken. Nicht nur für Männer ohne Eigenschaften. Hier ist das Wichtigste.
von Thomas Wagner | 09.01.2017

Sich einzurichten, ist nicht immer ganz leicht. Von Ulrich, Robert Musils „Mann ohne Eigenschaften“, wird berichtet, er habe, als er „sein Haus bestellte, wie es die Bibel nennt“, eine „Erfahrung gemacht, „auf die er eigentlich nur gewartet hatte. Er hatte sich in die angenehme Lage versetzt, sein verwahrlostes kleines Besitztum nach Belieben vom Ei an neu herrichten zu müssen. Von der stilreinen Rekonstruktion bis zur vollkommenen Rücksichtslosigkeit standen ihm dafür alle Grundsätze zur Verfügung, und ebenso boten sich seinem Geist alle Stile, von den Assyrern bis zum Kubismus an. Was sollte er wählen?“

Was seinen Willen angeht, sich einzurichten, so sah sich Ulrich allerlei Forderungen von Baukünstlern und Reformern der Inneneinrichtung gegenüber, da sein „Schlosshäuschen“ aber bereits „drei Stile übereinander“ besaß, konnte man zum Glück wirklich nicht alles damit vornehmen, was verlangt wurde. Dennoch „fühlte sich Ulrich von der Verantwortung, sich ein Haus einrichten zu dürfen, gewaltig aufgerüttelt, und die Drohung ,Sage mir, wie du wohnst, und ich sage dir, wer du bist’, die er wiederholt in Kunstzeitschriften gelesen hatte, schwebte über seinem Haupt. So kam er, „nach eingehender Beschäftigung mit diesen Zeitschriften“, zu der „Entscheidung, dass er den Ausbau seiner Persönlichkeit doch lieber selbst in die Hand nehmen wolle, und begann seine zukünftigen Möbel eigenhändig zu entwerfen. Aber wenn er sich soeben eine wuchtige Eindrucksform ausgedacht hatte, fiel ihm ein, dass man an ihre Stelle doch ebenso gut eine technisch-schmalkräftige Zweckform setzen könnte, und wenn er eine von Kraft ausgezehrte Eisenbetonform entwarf, erinnerte er sich an die märzhaft mageren Formen eines dreizehnjährigen Mädchens und begann zu träumen, statt sich zu entschließen.“

Ist es nicht wunderbar! Wäre Ulrich auf eine Möbel- oder Einrichtungsmesse gegangen, es wäre ihm vermutlich nicht viel anders ergangen, hätte ihm die Fülle, aus der auszuwählen er aufgerufen gewesen wäre, doch nicht weniger zugesetzt als die Drohung aus den Kunstzeitschriften, die seit jenen Tagen von Spezialisten des Marketing schier endlos wiederholt zu werden scheint. Die lose zwischen den Extremen baumelnden Enden von Technik und Ästhetik sind auch heute nicht leicht zu packen und lassen sich nicht so ohne weiteres zusammenbinden. Wobei die Zeiten lange vorbei sind, in denen es irgendwem wie Ulrichs Freundin Bonadea möglich gewesen wäre, „,das Wahre, Gute und Schöne’ so oft und natürlich auszusprechen, wie ein anderer Donnerstag sagt“.


Doch lassen wir das Spekulieren und sagen: imm cologne.
Schließlich sind Messen gut begründete Escheinungen, besonders in Zeiten, deren Geist einem Warenmarkt gleicht. Im Grunde sind sie herausgeputzte Marktplätze – und sie gleichen darin durchaus einem großen Wochenmarkt. Es werden Stände vermietet, auf denen Waren – frische und gut konservierte – zur Schau gestellt, von Produzenten und Händlern angepriesen und erklärt, von möglichen Kunden in Augenschein genommen, geprüft und verglichen ­– und, geht es nach dem Willen der Anbieter, schließlich bestellt werden. Auch werden Informationen ausgetauscht, neue Kontakte geknüpft und bestehende gepflegt, auf dass man kollektiv ebenso wie individuell sich ein Bild vom aktuellen Marktgeschehen mache. Seit 1929 gibt es in Köln eine Möbelmesse. Zunächst als Sonderbereich der Frühjahrsmesse, ein Jahr später bereits als Spezialmesse für Möbel- und Wohnbedarf. Seit 1983 steht schließlich die Internationale Möbelmesse – seit 2003 unter dem Markennamen imm cologne – jährlich im Kölner Messekalender.

imm cologne 2017

Was die Struktur der imm cologne angeht, so hat sich – man hält sich an Bewährtes – in diesem Jahr nur wenig geändert.

- Pure in den Hallen 10.1 und 11 nennt sich nach wie vor das explizit auf Design ausgerichtete Messe-Format, das in guter Nachbarschaft wichtige Hersteller und Designmarken versammelt.

- Pure Editions in den Hallen 2.2 und 3.2 wiederum soll Herausgeber visionärer Möbel- und Einrichtungskonzepte in einer offenen Messearchitektur bündeln und einen Schauplatz für Designinszenierungen sein, die Zeichen setzen. Hier soll sich Etabliertes mit jungen unabhängigen Designern und Designstudios mischen, und hier findet man auch die Sonderschauen: Die von Stylepark gemeinsam mit der Köln Messe kuratierten Featured Editions – ausgewählte, von Designern oder Architekten für die Aussteller entworfene Installationen – (siehe unsere Ankündigung vom 02.01.2017) sowie Das Haus – Interiors on Stage und das Vortragsforum The Stage.

Von außen bescheiden: „Das Haus“ von Todd Bracher

Für Das Haus, der Simulation eines Wohnhauses inmitten der Pure Editions-Halle 2.2, konnte die Messe in diesem Jahr den amerikanischen Designer Todd Bracher als Guest of Honour gewinnen. Bracher möchte, etwas weniger ambitioniert als Ulrich, im Zuhause „eine elementare Synthese aus Bedürfnissen und Funktionen“ sehen, die „ganz darauf abgestimmt“ sei, „seine Bewohner in ihrem Alltagsleben und in ihrer Entwicklung zu unterstützen“. Entsprechend kündigt er an: „Wir werden die Vorstellung davon, was zeitgenössisches Wohnen ausmacht, infrage stellen, indem wir die Grundlagen überdenken, die das Heim definieren, und uns ansehen, ob sie den Anforderungen der heutigen Welt entsprechend ausgelegt sind.“

Todd Bracher

Natürlich darf in einer Zeit, die es sich angewöhnt hat, ihren ganzen Ehrgeiz auf die Zukunft zu werfen, auch das junge Design nicht fehlen: 

- Pure Studios, ebenfalls in Halle 2.2, also inmitten der etablierten Design-Marken, möchte denn auch unterschiedliche Formen präsentieren, in denen sich junges Design heute organisiert, Produkte entwickelt und vermarktet. 

Pure Talents in Halle 3.1 soll darüber hinaus ein Forum für experimentelles Design sein, wo junge, internationale Nachwuchsdesigner ihre Ideen und Prototypen aus den Bereichen Produktdesign, Innenarchitektur und Architektur zeigen – im Rahmen von Hochschulpräsentationen ebenso wie im von der imm cologne ausgelobten Pure Talents Contest.

Pure Textile in Halle 3.2. schließlich stellt Bezugsstoffe, exklusive Textilien für die Raumgestaltung sowie Teppiche, Tapeten, Bettwäsche und sonstige Accessoires in den Mittelpunkt.
Wie immer gibt es darüber hinaus noch die Formate Comfort, Prime, Sleep und Smart.

Und – last but not least – präsentieren namhafte Küchenhersteller in diesem Jahr auf der Living Kitchen in den Hallen 4.1, 4.2 und 5.2 parallel zur imm ihre neuesten Modelle und Errungenschaften, ob Küchenmöbel, Küchengeräte, Spülen, Küchenarmaturen, veredelte Arbeitsplatten oder allerlei Accessoires. 

Design Post, MAKK, A&W Designer des Jahres

Am besten lasse man es ruhig angehen und beginne seinen Messebesuch bereits am Sonntag mit einem Besuch in der Design Post.

Hier trifft man nicht nur nette Leute, sondern kann auch ganz entspannt mehr als 30 namhafte Kollektionen von Herstellern, darunter Agape, Arper, Buschfeld, Danskina, Ingo Maurer, Kinnasand, Kvadrat, Magis, Moroso und Zeitraum, in Augenschein nehmen.

Design Post
Home of Design

Deutz-Mülheimer Str. 22a
50679 Köln
16.-22.01.2017
Mo-Fr 9-20, Sa-So 10-18 Uhr

www.designpostkoeln.de

Legt selbst Hand an: Stefan Diez beim Ausbau seiner Ausstellung im MAKK

Ist man am Montag Nachmittag dann erst einmal genug auf der Messe herumgewandert, sollte man sich die Ausstellung Full House von Stefan Diez im MAKK ansehen. Sie wird, das lässt sich schon jetzt sagen (siehe unser „Making of" hier), eines der Highlights in Köln sein, nicht nur während der Messetage.

Full House: Design by Stefan Diez
MAKK – Museum für Angewandte Kunst Köln
An der Rechtschule
50667 Köln
17.01. - 11.06.2017

Eröffnung: Mo. 16.01. von 19-1 Uhr mit anschl. Party
Di. 17.01. von 19-24 Uhr Get-together
Während der Passagen
Di-So 11-21 Uhr
Eintritt frei

Hier unser „Making of" zu der Ausstellung!

www.makk.de
www.stefan-diez.com

Altmeister Alessandro Mendini ist der A&W-Designer des Jahres

Als A&W-Designer des Jahres wurde in diesem Jahr Alessandro Mendini (Jahrgang 1931) auserkoren. Mendini ist Designer, Publizist – er war unter anderem Herausgeber von Domus – und Architekt und gilt als einer der einflussreichsten Vertreter der Postmoderne, der einer strengen Funktionalität stets mit Emotionalität, Farbenfreude, Ironie und Sinnlichkeit begegnete – nicht nur in seinem pointilistisch bemalten Sessel „Poltrona di Proust“. Erstmals wird statt einer Ausstellung ein exklusives, von Mendini gestaltetes A&W-Sonderheft im XXL-Format im Schuber präsentiert.

www.awmagazin.de

Ausgewähltes aus den Passagen 2017

Im Rahmen der Passagen – neudeutsch: Interior Design Week Köln – finden auch in diesem Jahr viele weitere Events, Ausstellungen und Inszenierungen statt.

www.voggenreiter.com/passagen2017

Hier einige ausgewählte Veranstaltungen:

Maschinenleuchte: Midgard bei Aesop

Die ursprünglich 1919 gegründete Leuchtenmarke Midgard wird wiederbelebt und feiert im Flagship-Store der Kosmetikmarke Aesop ihren Relaunch. Im Mittelpunkt steht die modular konfigurierbare Maschinenleuchte aus der Bauhauszeit. Zu sehen sein wird auch eine Installation aus alten Midgard Maschinenleuchten.

Midgard bei Aesop
Pfeilstr. 45
50672 Köln
16.-21.01.2017
Mo-Sa 11-20 Uhr
17.01. von 18-22 Uhr

www.aesop.com
www.midgard.com

Zu den Möbeln von Superstudio zählt auch die Lampe „Gehrpe".

Superstudio Mobili: UAA Ungers Archiv für Architekturwissenschaft

Hier geht’s zur Avantgarde von einst und zur 1966 in Florenz gegründeten Architektengruppe Superstudio. In Zusammenarbeit mit Adolfo Natalini und Poltronova zeigt das UAA eine Auswahl von Möbeln, Designobjekten und Entwürfen der visionären Architektengruppe, die 2016 das Jubiläum ihrer Gründung mit einer umfangreichen Ausstellung im MAXXI in Rom gefeiert hat.

Superstudio - Mobili 1966-2016
UAA
Belvederestr. 60
50993 Köln
16.-22.01.2017
Mo-Do 11-17, Fr-So 1-18 Uhr
15.01. von 16-18 Uhr Pre-Opening

www.ungersarchiv.de

Leben wie Gio Ponti - perqué no? Film Still aus „Amare Gio Ponte“

Amare Gio Ponti – Molteni: Italienisches Kulturinstitut Köln

Molteni &C zeigt in Zusammenarbeit mit dem Italienischen Kulturinstitut Köln den Film „Amare Gio Ponti“ in der Regie von Francesca Molteni. Der Film ist eine Reise durch historisches Material, Bilder aus den Archiven von Gio Ponti, der RAI und vielen anderen Quellen. Parallel dazu ist die Ausstellung „Vivere alla Ponti“ zu sehen.

Amare Gio Ponti
Italienisches Kulturinstitut Köln
Universitätsstr. 81
50931 Köln
16.01.-3.02.2017
Mo-Fr 9-13 u. 14-17 Uhr
Sa-So 15-20 Uhr

Eröffnung 16.01.:
18.30 Uhr Filmvorführung (Länge des Films 35 min)
19.15 Uhr Gesprächsrunde mit Francesca Molteni, Salvatore Licitra u. Paolo Tumminelli, Moderation: Lucio Izzo

Während der Passagen wird der Film zu jeder vollen Stunde gezeigt.

www.iiccolonia.esteri.it

Boro heißt die Ausstellung von Jan Kath - Boro heißt auch seine neue Kollektion.

Patchwork auf Japanisch: Jan Kath

Boro, die japanische Textilkunst aus dem 17. Jahrhundert, hat Jan Kath zu seiner gleichnamigen Kollektion inspiriert. Neben handgeknüpften Teppichen im Materialmix aus Wolle, Seide und Brennnesselfasern präsentiert der Designer auch wertvolle historische Sammlerstücke.

Boro ­– The Art of Repurpose
Jan Kath Store Köln by Nyhues
Venloer Str. 16
50672 Köln
16.01.-10.02.2017

Während der PASSAGEN
Mo-Sa 11-20, So 11-18 Uhr
Eröffnung: 17.01. von 18-23 Uhr Musik & Drinks
Anmeldung unter www.jan-kath-koeln.de

www.jan-kath.com

Gleichung mit zwei Bekannten

New Tendency: Meiré und Meiré Factory

Meiré und Meiré präsentieren in der Factory New Tendency-Neuheiten. Vorgestellt werden die Serien „Masa“ und „Masa Bench“ sowie „Atlas“ in neuen, supermatten Sand- und Erdtönen. Als Teil der neuen Premium-Linie „Black Label“ wird zudem eine von Mike Meiré gestaltete Neuinterpretation der Lampe „December Edition“ zu sehen sein.

New Tendency bei Meiré und Meiré
Meiré und Meiré, Factory
Lichtstraße 26-28
50825 Köln
16.-19.01.
10-18.30 Uhr
Eröffnung: 17.01. von 17-20 Uhr

Kaschkasch gibt es jetzt seit fünf Jahren. Florian Kallus und Sebastian Schneider ist das Lachen nicht vergangen.

Geburtstag feiern: Kaschkasch wird fünf

Die Jungs werden langsam erwachsen: Das Kölner Designbüro Kaschkasch wird 5 Jahre alt! Grund genug für Florian Kallus und Sebastian Schneider, sich mit einer Ausstellung bei Kooperationspartnern zu bedanken, mit Wegbegleitern zu feiern und sich neuen Designinteressierten vorzustellen – und die Geschichten hinter ihren Produkten zu erzählen.

5 Years Kaschkasch
Galerie Ruttkowski;68
Bismarckstraße 70
50672 Köln
Mo-Sa, 12-20 Uhr
So12-18 Uhr
Vernissage 17.01. ab 18.00 Uhr mit Drinks & Live Music

www.kaschkasch.com

Rat für Formgebung: Iconic Awards 2017: Interior Innovation

Im Kölnischen Kunstverein präsentiert der Rat für Formgebung die Gewinner der Iconic Awards 2017: Interior Innovation. Ausgewählt wurden aus mehr als 400 internationalen Einreichungen von einer hochkarätig besetzten Experten-Jury 29 Best of Best und 49 Winner.

Rat für Formgebung
Iconic Awards 2017: Interior Innovation
Kölnischer Kunstverein
Hahnenstr. 6
50667 Köln
16.-22.01.
Mo 11-20, Di 11-22 Uhr
Mi-Sa 11-20, So 11-18 Uhr
17.01. von 19-22 Uhr Kölsch-Abend

www.iconic-interior-innovation.de
www.german-design-council.de

Ansonsten ist vieles fast wie jedes Jahr: Jede Menge Design wird in Showrooms und Flagship Stores präsentiert, mal mit, mal ohne Designer, von Teppichen und Markisen bis zu Leuchten und Küchenarchitektur.

Und was Ulrich, den Mann ohne Eigenschaften, angeht, so ist festzuhalten: Der Mensch „muss in seinen Möglichkeiten, Plänen und Gefühlen zuerst durch Vorurteile, Überlieferungen, Schwierigkeiten und Beschränkungen jeder Art eingeengt werden wie ein Narr in seiner Zwangsjacke, und erst dann hat, was er hervorzubringen vermag, vielleicht Wert, Gewachsenheit und Bestand; – es ist in der Tat kaum abzusehen, was dieser Gedanke bedeutet!“

Vielleicht überließ Ulrich, „um sich von außen, durch die Lebensumstände bilden zu lassen“, an diesem Punkt seiner Überlegungen die Einrichtung seines Hauses einfach „dem Genie seiner Lieferanten, in der sicheren Überzeugung, dass sie für Überlieferung, Vorurteile und Beschränktheit schon sorgen würden. Er selbst frischte nur die alten Linien auf, die von früher da waren, die dunklen Hirschgeweihe unter den weißen Wölbungen der kleinen Halle oder die steife Decke des Salons, und tat im übrigen alles hinzu, was ihm zweckhaft und bequem vorkam. Als alles fertig war, durfte er den Kopf schütteln und sich fragen: dies ist also das Leben, das meines werden soll?“

Wir sehen uns in Köln!