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Ein Wohnraum im Haus "vGGG", das das Büro Gonzalez Haase in Berlin-Mitte gebaut hat. Der in den Raum einschneidende Treppenaufgang wird hier bewusst inszeniert.

Ein Gonzalez Haase zum Wohnen

Die Architekten Judith Haase und Pierre Jorge Gonzalez haben sich mit ihren aufsehenerregenden Shops für Balenciaga, Murkudis und die KaDeWe-Group einen Namen gemacht. Nun wurde ihr erstes Wohnhaus fertiggestellt.
von Fabian Peters | 18.10.2017

Häuser, die Architekten für sich selbst errichten, besitzen häufig programmatischen Charakter. Zumal wenn sie Erstlingswerke sind. Es überrascht daher nicht, dass das Architekturbüro Gonzalez Haase bei ihrem ersten Wohnhaus Ideen verwirklichen konnten, die andernorts so vielleicht nicht umsetzbar gewesen wären. 

In Berlin-Mitte entstand im Auftrag einer Baugruppe das Mehrfamilienhaus "vGGG" – der Name leitet sich von den Nachnamen der drei Bauherrn her. Ein G steht dabei für Pierre Jorge Gonzalez, der hier auch für sich selbst gebaut hat. Es muss zunächst erwähnt werden, dass die Architekten in Bezug auf die Fassade in einem relativ engen Korsett aus denkmalrechtlichen Vorgaben steckten, da der Straßenzug unter Ensembleschutz steht. Darauf regiert der Entwurf mit einer fein austarierten Fensteranordnung, die auf den ersten Blick achsensymmetrisch erscheint, diese Ordnung jedoch an einigen Stellen wieder durchbricht, ohne das ruhige Gesamtbild aufzugeben. 

Die besonderen Qualitäten des Baus zeigen sich jedoch im Inneren. Wie bei viele Ladeneinrichtungen des Büros geben sich die Räume auch hier auf den ersten Blick spartanisch: Wände und Decken aus nacktem Beton, deren Rohheit an einigen Stellen besonders betont wird: So bleiben Versorgungsleitungen unverkleidet und die Deckenöffnung für einen zukünftigen Kamin wirkt, als sei sie gerade erst aus der Betonschalung freigelegt worden. Der Luxus verbirgt sich anderswo: in den Raumhöhen von vier Metern beispielsweise. Oder in den schönen Holzfenstern. Letztere ließen die Architekten teils ohne Sturz direkt unter den Decken einbauen. So maximieren sie den Lichteinfall in den Räumen trotz dichter städtischer Umgebung – eine Prinzip, das den Baumeistern der Gründerzeit noch bewusst war, während es in der Moderne mit ihrer Vorliebe für niedrige Zimmer und querformatige Fenster oftmals vergessen wurde. Um dem Tageslicht zu ermöglichen, bis tief in die Räume einzufallen, lösen die Architekten zudem die obersten 50 Zentimeter der Zwischenwände in Glasflächen auf. 

Das Haus "vGGG" soll nur der Auftakt sein. "Wir möchten zukünftig gern mehr als Architekten im Wohnungsbau arbeiten", sagt Judith Haase. Es würde kaum überraschen, wenn die Häuser des Büros Gonzalez Haase bald ebenso gefragt wären, wie ihre Retail-Designs. Bis dahin kann Pierre Jorge Gonzalez erst einmal jeden Tag selbst das Ergebnis seiner Mühen genießen.

Die Straßenfassade des Hauses: Die Sockel- und Traufhöhe sowie die weitgehend symmetrische Fensteranordnung nehmen auf die Umgebung Bezug.
Auch an der Rückseite des Hauses spielt symmetrische Fensteranordnung eine Rolle, ist aber freier behandelt.
Handelsübliche Schiebetürelemente setzen Gonzalez Haase direkt unter die Decke der hohen Räume und machen sie so zu gewaltigen Fenstern.
Maisonette in den unteren Geschossen des Hauses.
Verglaste Wandzonen sollen Licht auch in die Tiefe der Geschosse transportieren.
Nichts wird verborgen: Offene Leitungen und eine rechteckige Deckenöffnung für den zukünftigen Kamin.
Auf der Rückseite des Hauses blicken die Wohnungen auf die gewaltigen Baumassen des Heizkraftwerkes Berlin-Mitte.