Rotterdam zeigt sich bei meinem Besuch mal wieder von seiner gewohnten Seite: In kräftigem Dunkelgrau mit starken Regenschauern, der Sommer scheint weit weg. Nicht aber für den Archivar und Kurator Alfred Mark, der mich durch das wohltemperierte niederländische Archiv im Het Nieuwe Instituut führt und mir einen kleinen Vorgeschmack auf die Ausstellung „Summer Dreams“ gibt. Für die Schau hat er die Sammlung nach Zeichnungen von Architekten und ihren Vorstellungen des Sommers durchforstet.
Alfred Mark hebt eine Mappe auf den Tisch. Vorsichtig befreit er ein Sammlungsstück vom schützenden Pergamentpapier und zeigt mir eine Zeichnung, auf der unterschiedliche Blüten zu sehen sind. Blüten? Sollte es nicht um Architekten und ihre Sommerträume oder ihre Träume vom Sommer handeln? Er habe, so erklärt der Kurator, doch einige Zeichnungen entdeckt, die eher romantisch sind – wohl eine kleine Fingerübung – und nur wenig mit dem gebauten Werk eines Architekten zu tun haben.
Eben solche, wie die Blüten-Studie von dem niederländischen Architekten Johannes Ludovicus Mathieu Lauweriks aus dem Jahr 1892. Oder wie die Zeichnung von Koen Limperg von 1937: Ein einfaches Papier aus einem Skizzenblock zeigt zwei Frauen beim Sonnenbaden, die Limperg wohl bei seiner Reise nach Ascona aufgefallen sind. Etwas linkisch vielleicht, der Farbauftrag, aber besser als jedes Foto – einige Details von Sonnenanbetern will man ja auch gar nicht so genau sehen. Die Imagination ist da oft freudvoller.
Weniger verträumt ist die Zeichnung von Michel de Klerk, wenngleich durchaus naturalistisch. Sie zeigt ein Wohnhaus – es wirkt zugleich historisch wie modern – eingebettet zwischen Bäumen und einem See – oder doch einer Gracht? Auf jeden Fall einem Gewässer. Beleuchtet wird diese friedliche Szenerie von einem traumhaften Sonnenuntergang. Wie können wir heute nur mit diesen viel zu glatten Renderings leben, die doch nichts weiter auslösen als pure Langeweile! Zeichnet wieder Architekten, mit Hingabe!
Im Büro Van den Broek en Bakema hingegen hatte man konkrete Vorstellungen von modernen Sommerferien. Alfred Mark fördert eine Zeichnung zielsicher unter Mappen und Papierrollen hervor. Die Zeichnung zeigt Bungalows zwischen Bäumen, im Vordergrund dümpelt ein Schlauchboot müde am Ufer. Auf den Terrassen vor den Häusern sind hübsche Frauen im Bikini (natürlich), Männer in Liegestühlen (sie ruhen sich aus) und ein Paar entspannt beim Kaffeekränzchen (draußen nur Kännchen). Die Szenerie erinnern ein wenig an die Serie „Mad Men“ – stammt doch die Zeichnung aus den 1970er Jahren. Sie zeigt eine damals neue Form des modernistischen Urlaubs, den „Center Park“: Eine gepflegte Anlage mit wohl gestalteter Architekten-Natur, frei von Überraschungen, aber mit sportiven Freizeitmöglichkeiten für die moderne Familie mit ein bis drei Kindern.
Wer also den Sommer gerade vermissen sollte, der mache sich doch auf, um die Ausstellung „Summer Dreams“ im Het Nieuwe Instituut in Rotterdam zu besuchen. Das „Indoor-Programm“ ist ja glücklicherweise jahreszeitenunabhängig. Anders ausgedrückt: Die Hitze ist aus, unsere Serie zu „hitzigen Orten“ vorbei und wir läuten nun den Spätsommer ein.
„Summer Dreams"
Vom 8. Juli bis 21. September 2014
Het Nieuwe Instituut,
Rotterdam
www.hetnieuweinstituut.nl
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