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MICROLIVING
Wohnen in der Röhre

Wie James Law aus Hongkong Kanalrohre zu modularen Wohneinheiten ausstattet, um so Wohnungsnot und Obdachlosigkeit zu minimieren.
von Markus Hieke | 01.07.2019

Warum in den eigenen vier Wänden wohnen, wenn es eine einzige Wand eigentlich auch tut? Mehr sind es in den "OPod Tube Houses" von James Law nämlich genau genommen nicht. Allein oder zu zweit komfortabel auf 9,3 Quadratmetern leben: Der Architekt aus Hongkong behauptet, dass das möglich sei. Seine Wohnröhren aus Beton stattet er mit Sitzbank-Schlafkombination, kleinem Schreibtisch, Regalen, winziger Küche, Badbereich und Klimaanlage aus. Das Ganze wirkt recht spartanisch, erfüllt aber die nötigsten Anforderungen ans Wohnen. Jedes der zylindrischen Elemente hat einen Durchmesser von zweieinhalb Metern und wird an den offenen Seiten von Fenstern beziehungsweise einer Glastür begrenzt. Bei Bedarf können mehrere Module zu einer Community übereinandergestapelt werden.

Sein Büro Cybertecture gründete James Law 2001 mit dem Ziel, mithilfe von Design- und Architekturexperimenten gegen gesellschaftliche Benachteiligung anzukämpfen. Er selbst stammt aus armen Verhältnissen und war der Erste seiner Familie, dem eine gehobene Ausbildung möglich war. Architektur studierte er an der Bartlett School of Architecture in London, eine praktische Ausbildung erfuhr er später bei der japanischen Architektin Itsuko Hasegawa in Tokio. Mit seinen zweckentfremdeten Kanalrohren schließt er an die bekannte Idee des Kapselhotels an: Auch dort wird auf kleinstem Raum genächtigt. Je nach urbanen Gegebenheiten lassen sich mit den "OPods" schnell und kostengünstig Lücken schließen – etwa unterhalb von Brücken oder zwischen Gebäuden. "Ich träume davon, einer Milliarde Obdachlosen ein Heim zu geben", erzählt der Architekt. Aktuell hofft er auf Baugenehmigung durch die Behörden seiner Heimatstadt. Mit seiner modularen Lösung kommt er dem Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum für alle einen kleinen Schritt näher.