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Max Enrich

Design ohne Limits

Im Interview spricht der spanische Designer Max Enrich über seine Einzelausstellung in Barcelona, seinen Zugang zu Materialien und die Begeisterung für Licht.
18.05.2021

Irgendwo zwischen Kunst und Design sind die Objekte von Max Enrich angesiedelt: Seine Möbel erinnern an Skulpturen und sind eher in Galerien als auf Möbelmessen zu finden. Er spielt mit den Proportionen, mit dem Verhältnis zwischen schlank und massiv, zwischen leicht und schwer. Oft ist ein bestimmtes Material Ausgangspunkt für seine Arbeiten. Da ist zum Beispiel der Tisch "Quentin Travertino": Er besteht aus einer Travertinplatte, die von den vier Beinen eines roten Stahlgestells durchbohrt wird. Oder der nahezu transparente Stuhl "Moiré" aus gelochtem Stahl, der fast schwebend wirkt. Im Interview erklärt der in Barcelona lebende Designer, wie er an neue Projekte herangeht und warum ihm kurze Briefings am liebsten sind.

Judith Jenner: Herr Enrich, Sie arbeiten mit sehr unterschiedlichen Materialien. Ist das Material meist der Ausgangspunkt für ein neues Projekt?

Max Enrich: Manchmal finde ich ein neues Material oder eine neue Art, ein bekanntes Material zu bearbeiten. Was aber, glaube ich, die meisten Kreativen haben, ist eine Art Database im Kopf, zu der man ständig neue Informationen hinzufügt. Wenn ich etwas designe, nehme ich Ideen von dort und mische sie zu einem Cocktail mit den Informationen, die ich habe. Das ist der Beginn. In der Regel arbeite ich mit alt bekannten Materialien wie Glas, Holz, Stein oder Metall. Innovation passiert in meiner Arbeit dadurch, wie ich sie verwende. Das wichtigste ist aber, dass ich sie erst einmal eine Weile in meinem Kopf habe. Dann warte ich, bis ich das passende Projekt finde. Das kann Jahre dauern – sofern ich es nicht vorher vergesse.

Sie arbeiten zwischen Kunst und Design. Wie frei sind Sie in der Umsetzung?

Max Enrich: Ich mag kurze Briefings: Wofür ist das Möbelstück gedacht? Wozu soll es passen? Das reicht mir eigentlich schon. Wenn ich zu präzise Anweisungen bekomme, beschränkt mich das in meiner Kreativität. Interessanter sind für mich die Gespräche mit dem Kunden, wenn ich sehe, wie er lebt oder sich kreativ ausdrückt. Mein Job ist es, mir etwas vorzustellen, was er so vielleicht noch nie gesehen hat und woran er gar nicht gedacht hat. Ich sehe meine Aufgabe darin, seine Vorstellungskraft zu erweitern.

Bei vielen Projekten spielen Sie mit den Proportionen von Möbeln. Einige davon sehen eher wie Skulpturen aus.

Max Enrich: Das Schöne an Design ist, dass es keinen Start- und keinen Endpunkt hat. Es kann sehr mehrdeutig sein, sich an die Kunst oder Architektur anlehnen. Der kleinste gemeinsame Nenner ist die Funktionalität, wobei Dekoration auch eine Funktion ist. Viele Kunden haben den Wunsch, eine Ecke zu füllen, sei es mit einem Stuhl, einem Beistelltisch oder einem Podest für eine Skulptur. Wenn man ein Glas Wasser raufstellen kann, erfüllt das Möbelstück bereits einen Zweck.

Eine sehr interessante Arbeit sind Ihre Bodenleuchten für Gaudís Casa Batlló. Wie sind Sie an dieses Projekt herangegangen?

Max Enrich: Es gab bei diesem Projekt kein Briefing für mich. Schon lange hatte ich die Idee, etwas mit Leuchten machen. Als ich das Haus bei Tag besuchte, kamen mir sofort viele Ideen. Bei meinem zweiten Besuch am Abend jedoch stellte ich fest, dass die Räume durch die Straßenbeleuchtung bereits hell erleuchtet sind. Da war es dann also mit meinem Lichtprojekt. (lacht)

Wie ging es dann weiter?

Max Enrich: Ich kam auf die Idee, säulenförmige Lampen zu kreieren. Sie stehen im Kontrast zu dem stark dekorierten Haus, das kaum gerade Linien hat. Mit all seinen Details lässt sich schwer konkurrieren: Die Türklinken sind handgemacht, die Wände sehr aufwendig bemalt. Ich musste etwas finden, das mehr Aufmerksamkeit erregt als das Haus selbst und ging dafür komplett ins Gegenteil. Die Leuchten sind etwa 1,80 Meter groß. Anstatt die Kabel zu verstecken, wurden sie Teil der Installation. Mehr als um das Licht ging es mir um ihren skulpturalen Ausdruck. Weil das Haus momentan geschlossen ist, habe ich die Freiheit, die Leuchten herumzuschieben und an verschiedenen Orten zu positionieren. Es ist ein tolles Gefühl, in einem Gebäude mit normalerweise 3.000 Besuchern pro Tag einfach ein- und ausgehen zu können.

Warum haben Sie Schaumstoff als Material gewählt?

Max Enrich: Ich wollte etwas Modernes, Künstliches, auf eine Art Kaltes. Dazu kommen die tollen Farben, die ich bei einem Produzenten hier in der Gegend gefunden habe. Es ist eins von diesen Materialien, das ich schon lange im Hinterkopf hatte.

Gaudí ist stark in Barcelona verwurzelt. Fühlen Sie sich mit seiner Architektur verbunden?

Max Enrich: Abgesehen von sechs Monaten in London und vielen Reisen ins Ausland habe ich mein ganzes Leben in Barcelona verbracht. Ich sehe keine Parallelen zwischen seiner und meiner Arbeit, aber sicherlich macht es etwas mit einem, ständig von dieser mediterranen Kunst und Architektur umgeben zu sein. Vielleicht inspiriert mich Gaudí nicht direkt, aber unsere Inspirationen haben wohlmöglich die gleichen Wurzeln.

An welchen Projekten arbeiten Sie zurzeit?

Max Enrich: Aktuell habe ich eine Soloausstellung in der Design-Galerie Il Lacions in Barcelona, gezeigt werden vor allem Leuchten mit künstlerischen Formen. Licht hat für mich etwas Magisches und bedeutet zugleich eine große gestalterische Herausforderung. Denn Leuchten müssen im an- und im ausgeschalteten Zustand funktionieren. In Zukunft möchte ich gerne noch mehr Leuchten entwerfen.

"TUBS I LLUMS"
by @maxenrich
Until 30 June


Il·lacions Gallery
Rosselló 231, 2-2
08008 Barcelona

Donnerstag bis Freitag 17 – 20 Uhr
Besuch nur mit vorheriger Terminvereinbarung möglich

Totems x Casa Battló