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PORTRAIT
Harmonie im Kontrast

​Dimitri Bähler balanciert gerne. Zwischen persönlichem und nutzerorientierten Ansatz, einfach und komplex, dekorativ und funktional. Seit 2014 erkundet er die Spannung innerhalb der Pole des Designs aus seinem Studio im schweizerischen Biel.
von Anna Moldenhauer | 19.05.2020

Den Auftakt für seine Suche nach Gleichgewicht in der Gestaltung boten die unterschiedlichen Ansätze der Studien an der École Cantonale d'Art de Lausanne (ECAL) und der Design Academy Eindhoven: "Formale Klarheit und die Freude am Abenteuer haben sich in dieser Zeit abgewechselt und das versuche ich mir zu bewahren", so Bähler. Gleichzeitig höre er nie auf zu lernen und arbeite viel, sagt er, gemäß der Herausforderung seitens des kürzlich verstorbenen Schweizer Künstlers und ehemaligen Direktors der ECAL, Pierre Keller. "An der ECAL arbeiten wir hart!", mahnte dieser Bähler bei seinem Aufnahmegespräch für die Hochschule. "Das Erlangen von neuem Wissen ist ein stetiger Antrieb zu entwerfen", sagt Dimitri Bähler. Von der Skizze zu einem greifbaren Objekt zu kommen, sei für ihn ein faszinierender Prozess. Schnelle Striche, um den Gedanken eine Form zu geben. "Wenn ich mich nicht von einer Skizze lösen kann, ist es meist ein Zeichen, das ich bei ihr bleiben sollte". Digitale 3-D Versionen, Mock-ups, Renderings und Protoypen folgen.

Zu den finalen Ergebnissen gehört die Stehleuchte "Cho Light" für Established & Sons, die Dimitri Bähler auf dem Salone del Mobile 2018 in Mailand präsentierte. Japanisches Washi-Papier, geformt zu einem runden Leuchtenschirm und ein Carbonfaserstab stellen die Basis. Dieser ist flexibel, so dass er bei Berührung dynamisch wird und sanft hin und her schwingt. Oder die Beistelltische namens "Touch" für Moustache, für die der Jungdesigner das Keramikhandwerk mit der Verwendung von 3D-Software verband. Die Oberfläche der drei unterschiedlich großen und hohen Tische ist mal geriffelt, mal glatt oder von einem dynamischen Muster durchzogen, das einem Fingerabdruck ähnelt. Mit mattem Farbverlauf in ein intensives Gelb am Boden oder gleich einfarbig, in strahlendem Weiß, Nude über Schwarz bis zu glänzendem Königsblau. Jeder der Tische funktioniert auch ohne das Ensemble, ist Solitär und Teamplayer zugleich. "Ich liebe es die Möglichkeiten auszuloten", so Bähler.

Für die Kollektion 2019/2020 vom Atelier Pfister, dessen Produkte Alfredo Häberli kuratiert, hat er den Holztisch "Malleray" entworfen. "Weder rund noch eckig" sollte dieser werden, so das Briefing von Häberli. Bähler löste die Aufgabe mit zylindrischen Beinen, die direkt an eine ellipsenförmige, leicht abgekantete Platte anschließen. Verschiedene geometrische Formen vereint in einer, ein Lot zwischen den Extremen. Neben dem Austesten von Grenzen zieht sich die Vielseitigkeit durch das Portfolio von Bähler und so sind auch seine aktuellen Projekte eine Mixtur aus Experiment, Technologie und Handwerk: Von der Arbeit mit Porzellan und Glas über die Erforschung feuerfester Materialien bis zur Entwicklung einer Auflage von limitierten Urushi-Objekten, der japanischen Lackkunst. "Ich finde es wichtig, mir in meiner Arbeit das Staunen zu bewahren", sagt er.