top
Polylactide aus polymerisierter Milchsäure sind biologisch abbaubar und könnten eine Alternative zu Kunststoffen bieten, die auf Mineralöl basieren.

NACHHALTIGKEIT
Linsen aus Milchsäure

Ein Bio-Kunststoff für optische Technologien wird aktuell mit dem Projekt PLANOM von WissenschaftlerInnen der Universität Paderborn, der Hochschule Hamm-Lippstadt und dem Aachen-Maastricht Institute for Biobased Materials entwickelt.
von Anna Moldenhauer | 14.12.2021

Ein umweltfreundlicher Kunststoff für optische Anwendungen: Scheinwerfer, Linsen, Reflektoren und Lichtleiter könnten damit zukünftig nachhaltiger produziert werden. WissenschaftlerInnen der Universität Paderborn, der Hochschule Hamm-Lippstadt und des Aachen-Maastricht Institute for Biobased Materials erforschen aktuell umweltfreundliche Kunststoffprodukte auf der Basis von Milchsäure. Dem erdölbasierten Kunststoff, der aktuell noch als Standard gilt, soll damit eine Alternative geboten werden. "Nachhaltigkeit ist leider noch kein Kaufargument für KonsumentInnen. Sie wird natürlich erwartet, aber nicht bezahlt. Daher brauchen wir nachhaltige Hochleistungspolymere, deren technische Eigenschaften bezahlt werden. Hier setzen wir mit dem Projekt PLANOM an", so Prof. Dr. Gunnar Seide von der Maastricht University. Polylactid, sprich Polymilchsäure, könnte dabei einen entscheidenden Vorteil bieten: Das Material ist vollständig biologisch abbaubar, verfügt über sehr gute Eigenschaften für den Einsatz im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums und lässt sich umweltfreundlich wie kostengünstig in großer Menge herstellen: "Polylactid beziehungsweise Polymilchsäure wird aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen und entsteht bei der Fermentation von Kohlenhydraten über die sogenannte Milchsäuregärung. Das kennen wir zum Beispiel von Sauerkraut", erklärt Prof. Dr. Klaus Huber vom Department Chemie der Universität Paderborn.

Kunststofflinsen aus polymerisierter Milchsäure
Kunststofflinsen aus polymerisierter Milchsäure in Leuchtenbeispielen verbaut

Getestet wird aktuell der Einsatz in Verbindung mit LEDs, für den aber noch einige Hürden genommen werden müssen, denn Polylactid wird bei circa 60 Grad Celsius weich, während LED-basierte Leuchten Temperaturen von bis zu 80 Grad erreichen. Zudem bilden sich ab 60 Grad Kristalle, die das Material trüben. Deren Bildung muss für die Marktreife des Produkts vermieden werden oder zumindest kontrollierbar sein. Anschließend soll Polylactid erstmals in anspruchsvolle technische Beleuchtungsanwendungen integriert werden können. Als ersten Aufschlag ist der Einsatz als Linsenmaterial in Fahrradscheinwerfern geplant. "In Lippstadt untersuchen wir dazu mit eigens entwickeltem Equipment die Beständigkeit der im Projekt entwickelten Polylactide in Bezug auf kurzwellige sichtbare Strahlung", so Prof. Dr. Jörg Meyer von der Hochschule Hamm-Lippstadt. Der nachhaltige optische Bio-Kunststoff soll im Ergebnis die Wettbewerbssituation für Leuchtenhersteller und Automobilzulieferer verbessern. Zudem wird im Rahmen des Projekts wissenschaftlicher Nachwuchs für die Industrie und für Forschungseinrichtungen ausgebildet. Gefördert wird das Vorhaben mit rund 885.000 Euro vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) als Teil des Programms "Nachwachsende Rohstoffe". Erste Ergebnisse der Materialforschung sind für Ende 2022 vorgesehen.

Zusammenfassung zum Projekt "PLANOM"