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Raus-Cabin von Sigurd Larsen nahe Berlin

HOTEL
Zimmer im Grünen

Der Agrotourismus boomt und bringt ganz neue Formen der Hotellerie zutage. Das Berliner Startup Raus entwickelt beispielsweise mobile, autarke Hotelzimmer, die es im Wald, auf Wiesen, Feldern und Weiden aufstellt. Architekt Sigurd Larsen verantwortet den jüngsten Entwurf.
22.11.2022

Wenn Sigurd Larsen ein Hotelzimmer gestaltet, dann kommt selten das heraus, was man zunächst erwarten würde: Für das Michelberger Hotel in Berlin entwarf der Architekt aus Dänemark Loftzimmer als Hideouts, mit dem skandinavischen Unternehmen løvtag entwickelte er eine Reihe von Baumhäusern im Wald und kürzlich beauftragte ihn das Berliner Startup Raus mit einem Interiordesign für eine Mini-Architektur, die man am besten als eine Mischung aus Tiny House und Caravan beschreibt. Überraschenderweise orientierte er sich hier am klassischen Hotelzimmer.

Insgesamt 22 "Cabins" an 15 Standorten vermietet Raus in Ländereien rund um Berlin, Leipzig, Hannover, Dresden und Hamburg. Sie sollen Erholungsuchenden unmittelbare Naturerfahrungen ermöglichen. Abgeschiedenheit, aber dennoch gute Erreichbarkeit lautet das Ziel der Gründer, immerhin geht es auch um nachhaltigen Tourismus. Und so verfügen einige sogar über eigene Wassertanks und Solarzellen auf dem Dach. Damit werden die 18 Quadratmeter großen Mini-Architekturen vollkommen autark. Trotzdem bieten sie zwei bis vier BewohnerInnen alles, was man zum Leben und Wohlfühlen braucht: eine ausgestattete Küche, ein Bad mit Dusche und Trockentoilette, einen Holzofen, ein großes Bett und vor allem eine freie, unverbaute Sicht auf die Landschaft.

Raus-Cabin von Sigurd Larsen nahe Berlin
Raus-Cabin von Sigurd Larsen nahe Berlin

Das idyllische Panorama in einem Schlosspark westlich der Hauptstadt sollte auch Larsens Design bestimmen. Er wollte Flora und Fauna förmlich einrahmen. So bekam die Kochstelle zwei große Fenster übereck, Bad und Etagenbett werden über Dachluken beleuchtet. Um auch bodentiefe Fenster und Schiebetüren integrieren zu können, sah er eine bestimmte Aufteilung der Architektur vor: Bad und Küche siedelte er auf einer Seite an. So bleibt die andere frei für das Bett, eine Entscheidung, mit der sich Larsen am Design gängiger Hotelzimmer orientierte – auch dort füllt der Schlafplatz in der Regel die prominenteste Zone im Raum aus. Die klare Struktur, das viele Glas und die um die Terrasse erweiterbare Fläche schaffen ein Gefühl von Weite, die beabsichtigt war. "Unser Ziel lautet immer, kleinere Räume viel größer erscheinen zu lassen, als sie sind", sagt Larsen. Da mag es zunächst erstaunlich anmuten, dass er den kompletten Innenraum samt Decke, Boden und Einbauten in Schwarz tauchte, das bekanntermaßen für eine optisch kleinere Raumwirkung sorgt. Larsens Absicht mit dieser radikalen wie ästhetischen Designentscheidung, in die er sogar Details wie Herd, Wasserhahn oder Leuchten konsequent miteinschloss, war es, die Natur noch stärker in den Vordergrund rücken. "Ich wollte Spiegelungen im Glas vermeiden, um das Beste aus der Aussicht herauszuholen", erklärt er.

Obwohl es innerhalb der kleinen Architekturen relativ wenig gestalterischen Spielraum gibt, unterscheidet sich Larsens Konzept der "Cabins" maßgeblich von den Vorgängermodellen. Diese verfügen über ansteigende Dächer und verglaste Flanken auf Seiten der Betten. Larsens vorrangig frontale Ausrichtung der Fenster hingegen flutet das gesamte Haus gleichmäßig mit Licht und maximiert den Rundblick. Während man farblich zuvor auf Hell-Dunkel-Kontraste setzte, wirkt Larsens monochromer Entwurf wie eine konsequente Weiterführung der naturnahen und nachhaltigen Mini-Architekturen. (ncm)

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Architektur & Design

Raus – Eine Cabin designt von Sigurd Larsen