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Dusch-WC als Anschauungsobjekt: Der Aufsatz „V-care Comfort mit VitrAflush 2.0“ der türkischen Firma VitrA Bad.

Die ultimative Popo-Dusche

Die Japaner haben das „Washlet“ erfunden, nun wird es auch in Europa propagiert. Toto präsentiert mit „Neorest“ eine Mischung aus Motorradsitz und Raumkapsel.
von Thomas Edelmann | 22.03.2017

Zu den großen Errungenschaften der Menschheit gehört der Zugang zu sauberem Wasser. Mindestens ebenso wichtig ist die sichere Beseitigung der Abwässer. Unerlässlich die Regel, wonach beide Systeme keinesfalls miteinander vermengt werden dürfen. In seiner kleinen Besserwisser-Reihe „Früher war alles schlechter“ rief das Magazin „Der Spiegel“ kürzlich in Erinnerung, worin Fortschritt tatsächlich besteht: Im Jahr 1990 – so die Zahlen von Kinderhilfswerk Unicef und Weltgesundheitsorganisation WHO – hatten gerade einmal 2,9 Milliarden Menschen Zugang zu sanitären Anlagen. 2015 waren es bereits 5 Milliarden. Und das, obwohl die Weltbevölkerung im gleichen Zeitraum um 2 Milliarden Menschen zugenommen und täglich mehr als 200.000 hinzugekommen sind. Alles andere als ein Idealzustand, aber eine maßgebliche Errungenschaft.

Demokratie, Völkerverständigung, die Möglichkeit mit dem Nachbarn auch auf engem Raum einigermaßen klar zu kommen – das alles hängt womöglich auch an der zuverlässigen Wasserversorgung und -entsorgung. Daher sollte man Klempnerin und Klempner mit etwas Demut begegnen. Auf der internationalen Messe ISH fällt das nicht immer leicht, zumal viele von ihnen ausgestattet mit allerlei Fähnchen, Fußbällen, Werkzeugkästen und Mützen der Markenhersteller unterwegs sind.

Installateure, Hotelbetreiber, letztlich wir alle werden von einer neuen Art des Hygiene-Fortschritts umworben. Dieser stammt aus Asien und nennt sich „Washlet“. Womit eine in westlichen Sphären immer noch belächelte Kreuzung aus Toilette, Bidet, Dusche und Föhn nebst eigener Fernbedienung bezeichnet wird. Der Toilettengang wird zu einem Akt der Intimpflege. Nicht alle mögen „Washlets“, nur wenige konnten sie bereits testen. Auf der ISH 2017 sind sie zwecks besserer Sichtbarkeit unüblich hoch montiert und ihre Wasserspiele zum Schutz des Publikums meist mit einem durchsichtigen Plastikschirm abgedeckt, was besonders grotesk aussieht.

Alle WC- und Bad-Hersteller, die etwas auf sich halten, bieten die Geräte inzwischen an. Sie könnten Toilettenpapier überflüssig machen, brauchen allerdings schon im Standby-Betrieb viel Elektrizität; besonders aber, sobald es ans Sitz-Heizen und Po-Föhnen geht.

Voller Selbstbewusstsein zelebriert der japanische Hersteller Toto in Frankfurt sein 100jähriges Bestehen. 1980 kam das erste „Washlet“ auf den japanischen Markt, seit 2009 ist die Marke in Europa vertreten. Auf dem Stand dominiert das neueste, frei im Raum stehende Modell der Serie „Neorest“. Es ist riesig groß, erinnert an einen doppelten Motorradsitz oder eine Raumkapsel und ist so organisch geformt, als stamme es aus den ruhmreichen Zeiten von Luigi Colani.

„Neorest“ ist beheizt, hat besondere Modi der Selbstreinigung und besteht aus einer ultraglatten Keramik. Wasser wird darin elektrolytisch aufbereitet, bevor es in einer 360 Grad-Umdrehung durch das Becken gejagt wird. Ob das Trumm je auf den europäischen Markt kommen wird, ist unklar. Egal: Toto feiert das Prinzip „Washlet“, zelebriert sich selbst und zeigt einmal mehr, wo der Hammer hängt.

Zu Beginn ein Anbauartikel: Das erste Washlet von Toto kam 1980 auf den Markt. Das japanische Unternehmen für Sanitärkeramik wurde vor 100 Jahren gegründet.
Zu groß für Europa: Seit 2009 ist Toto in Deutschland aktiv. Das neue Modell der „Neorest“-Baureihe wird vorerst nur in Asien vertrieben.
Schweizer Eigenentwicklung: „Cleanet Riva“ von Laufen, entworfen von Vetica / Peter Wirz aus Luzern.
Dezent statt auffällig: Laufens „Cleanet Riva“ sieht sich in der Tradition der Schweizer Erfindung des Dusch-WCs, die zugleich gestalterisch verfeinert wurde.
Einstellbarer Strahl, selbstreinigende Dusche: „Cleanet Riva“ nutzt wie andere auch randlose Sanitärkeramik.
Toilette wird smart: Der spanische Hersteller Roca (wie Toto 1917 gegründet) hat mit dem Modell „Inspira In-Wash“ ein digital steuerbares Dusch-WC im Programm.
Fernbedienung fürs WC: Nahezu alle Hersteller bieten eine Toilettensteuerung per Handgerät oder Smartphone.
Understatement per Design: Das „ViClean-I 100“, das neue Top-Modell von Villeroy & Boch kommt ohne voluminöse Aufbauten aus.
Chinesisch-europäische Kooperation: Die Marke Axent, 1999 gegründet, residiert seit 2008 in der Schweiz. „Primus“ und „Axent One“, entworfen von Matteo Thun und Antonio Rodriguez, heißen die Premiummodelle.
Mehr als nur eine Funktion: Fernbedienung des Geberit-Modells „AquaClean Mera“.
Erreichbarkeit ist alles: Wer ein Dusch-WC per batteriebetriebenem Wandbedienpanel steuert, muss sorgfältig überlegen wo es in Greifweite montiert wird.