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Kreise ziehen

Im Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK) wurde vor kurzem die Ausstellung "The Circle. The most iconic shape redesigned" eröffnet. Kuratorin ist Wendy Plomp, die Gründerin des Designkollektivs Studio Dutch Invertuals. Das Konzept erklärt sie uns im Interview.
03.02.2022

Anna Moldenhauer: Wendy, warum hast du im Jahr 2009 das Studio Dutch Invertuals gegründet?

Wendy Plomp: Nach meinem Studium habe ich als selbstständige Designerin gearbeitet. Einer meiner Kunden hatte einen großen Showroom in Mailand und fragte mich anlässlich des Salone del Mobile, ob ich dort zeitgenössisches Design aus den Niederlanden zeigen wollte. Mir war dabei wichtig, die große Varianz der Disziplin zu unterstreichen – vom Grafik Design über Interior Design bis zur Materialforschung. Die DesignerInnen, die damals teilnahmen, kannte ich zum Teil vorher nicht und sie waren auch untereinander nicht vernetzt. Dank der Ausstellung konnten wir uns austauschen und weitere Projekte realisieren. Diese Denkweise haben wir bis heute beibehalten: Vielfalt im Design und Freude am Experiment.

Mit dem Studio Dutch Invertuals hast du ein Kollektiv aufgebaut, als diese Arbeitsweise im Design nicht gerade im Trend war. Wie arbeitet ihr heute?

Wendy Plomp: Mein Wunsch war damals die Stränge zusammenzuführen und den Prozess zu leiten, allerdings über eine klassische Kuration hinaus. Ich stelle so nicht nur bestehende Werke für eine Ausstellung zusammen, sondern leite den Gestaltungsprozess von neuen Arbeiten für die Schau – mal mehr, mal weniger intensiv, je nach Erfahrung der DesignerIn. Es ist wirklich toll, gemeinsam mit einer Gruppe neue Ideen und Gedanken zu entwickeln, die sich um unsere Zukunft drehen. Diese Kombination finde ich sehr interessant, da man in einem Designprozess arbeitet und parallel nach vorne schaut, Entwicklungen aufzeigt und die Art der Präsentation von Design mit verändert.

Bist du der Meinung, dass das Potenzial des interdisziplinären Dialogs im Design nicht ausreichend genutzt wird?

Wendy Plomp: In den letzten Jahren hat sich der Fokus verschoben. Am Anfang war eher AutorInnendesign gefragt und die Kreativen sehr darauf bedacht, ihre Ideen zu schützen. Im Laufe der Zeit wurde das Ganze aber transparenter. Die Pandemie hat diese Entwicklung leider gebremst. Aktuell findet wieder viel hinter den Kulissen statt, da der Dialog fehlt. Parallel sind allerdings sind die Kooperationen zwischen DesignerInnen und Unternehmen zeitlich begrenzter geworden, es entstehen mehr temporäre Kollektive. Somit ist die Arbeit der Kreativen weniger von extern gesteuert, es bleibt mehr Freiraum für die Entwicklung neuer Stile und Techniken.

Tritt das Ego im Design in den Hintergrund?

Wendy Plomp: Natürlich ist es immer noch das Ziel der DesignerInnen ihre Arbeit in Galerien auszustellen, Arbeiten zu verkaufen und Geld zu verdienen. Aber ich denke heute reicht es nicht mehr, sich als kreative Person in den Mittelpunkt zu stellen. Die Frage ist eher was Design in dieser Welt für die Zukunft bewirken kann – welche Materialien und Techniken wir brauchen und wie wir ein nachhaltiges Statement setzen können. Warum ist es interessant diesen neuen Stuhl zu zeigen und was ist daran zukunftsweisend? Wir hinterfragen unsere Ideen heute mehr auf den allgemeinen Nutzen. Produktionsprozesse und Materialien müssen optimiert werden, um langfristig einen Unterschied zu sehen. Darüber hinaus lernen wir die Dinge, die uns umgeben neu wertzuschätzen, als DesignerInnen und VerbraucherInnen.

Das MAKK zeigt aktuell deine Ausstellung "The Circle. The most iconic shape redesigned". Unter diesem Thema hast du in den letzten Jahren bereits während des Salone del Mobile wie auch anlässlich der Dutch Design Week Ausstellungen präsentiert. Was ist dieses Mal anders?

Wendy Plomp: Im Grunde bauen wir eine Kollektion auf, in der interdisziplinäre DesignerInnen ihre Interpretation des Kreises erarbeiten. Es ist jedes Mal aufs Neue großartig gemeinsam neue Werke zu schaffen. Für die Ausstellung im MAKK haben wir 17 Arbeiten von insgesamt 20 DesignerInnen ausgewählt. 13 Arbeiten sind dabei speziell für die Ausstellung in Köln entstanden. Es sind also zahlreiche neue Ansätze dabei.

Im Rahmen der Pressekonferenz zur Schau hast du erwähnt, dass die Zusammenarbeit fließend ist. DesignerInnen kommen zum Projekt dazu, andere ziehen weiter. Wie möchtest du "The Circle" in Zukunft gestalten?

Wendy Plomp: "The Circle" ist eine Sammlung und ein Netzwerk, das wir auch in Zukunft ausbauen wollen. Über internationale Beispiele zeigen wir die Ansätze der DesignerInnen für eine Veränderung. Es ist ein Kollektiv, ein Kreis von Personen die kreativ denken – das ist der Kern, um etwas zu bewegen. Unsere Gesellschaft wurde mittels kreativen Denkens aufgebaut.

Warum hast du dich für den Kreis als Thema entschieden?

Wendy Plomp: Ein Kreis hat keinen Anfang und kein Ende. Zudem ist es ein Symbol und vielfältig besetzt, bis in die Religionen hinein. Ich finde es spannend einer so wichtigen Form unterschiedlichen Identitäten zu verleihen.

Gab es Designansätze für die aktuelle Schau, die du nicht erwartet hast?

Wendy Plomp: Mich hat oft die schnelle Weiterentwicklung der jungen DesignerInnen überrascht, die sie im Rahmen des Projekts geschafft haben. Wie engagiert sie arbeiten und wie groß die Schritte sind, die sie realisieren. Sie haben mehr erreicht, als ich gehofft hätte. Das ist etwas, was mich wirklich stolz macht.

An welchen Projekten arbeitest darüber hinaus mit deinem Team?

Wendy Plomp: Wir möchten verstehen, wie der Mensch die Natur verändert und wie wir das Verhältnis wieder gleichberechtigter gestalten können. Den Prozess und unsere Ideen zeigen wir in internationalen Ausstellungen, die wir stetig kuratieren. Wir wollen Objekte bauen, die wir zukünftig benötigen und einen Dialog schaffen, wie der Mensch mit der Natur wieder einen Konsens finden kann.

The Circle
The most iconic shape redesigned

Bis 24. April 2022
Dienstag bis Sonntag 10–18 Uhr

MAKK – Museum für Angewandte Kunst Köln
An der Rechtschule 7
50667 Köln
Telefon: 0221 - 221 238 60

Für den Museumsbesuch und für den Besuch von Veranstaltungen ist die geltende Maskenpflicht sowie darüber hinaus die 2G-Regelung (genesen oder geimpft) verbindlich. Kinder und Jugendliche bis einschließlich 15 Jahre sind von der 2G-Regelung ausgenommen.

Dutch Invertuals: "The Circle"