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Das von BIG Ideas entwickelte Smartlock "Friday"

Schloss ohne Schlüssel

BIG Ideas nennt sich der Technologie-Thinktank des Architekturbüros BIG. Wir haben mit Jakob Lange, dem Leiter von BIG Ideas, über das neueste Projekt seines Teams gesprochen – das Smartlock "Friday".
von Fabian Peters | 29.11.2019

Fabian Peters: Jakob, du leitest BIG Ideas, eine Art Forschungs- und Entwicklungsabteilung von BIG. Warum habt Ihr BIG Ideas gegründet?

Jakob Lange: Als Architekten geht es uns immer um Analyse und Umsetzung: Wir versuchen Informationen in Materialien zu übersetzen. BIG Ideas haben wir gegründet, um unseren Wirkungskreis als Architekten zu erweitern und in der Lage zu sein, selbst Themen zu erforschen und Materialien zu entwickeln.

Jakob Lange

Wie sehen solche Forschungsprojekte aus?

Jakob Lange: Wir sind zum Beispiel derzeit in das Projekt Virgin Hyperloop One involviert, das der Hyperloop-Technologie zum Durchbruch verhelfen will. Es handelt sich dabei um ein Transportmittel, bei dem die Passagiere in Kapseln mit über 1000 Stundenkilometern durch ein Röhrensystem transportiert werden. Wir entwickeln die gesamte Passenger Experience – von den Sitzen bis zu den Bahnhöfen. Die ersten 1:1-Modelle der Kapseln werden gerade produziert. Außerdem arbeiten wir an einem Handbuch für das Bauen auf dem Mars, einer Art "Neufert" für das All. Unsere ersten Resultate haben wir gerade auf der Ausstellung "Formgiving" im Dänischen Architekturcenter DAC in Kopenhagen gezeigt.

Eure neueste Entwicklung ist das Smartlock "Friday". Was ist das Besondere daran?

Jakob Lange: Die wichtigste Besonderheit von "Friday" ist seine Größe: Es ist zwei Drittel kleiner als vergleichbare Schlösser. Das einzige, was man von ihm sieht, ist ein drehbarer Metallknauf an der Innenseite der Tür. Er ist mit verschiedenen Oberflächen erhältlich, um zu jeder handelsüblichen Türklinke zu passen.

Worin unterscheidet sich der Entwicklungsansatz von BIG Ideas von dem klassischer Schlosshersteller?

Jakob Lange: Ich gebe dir ein Beispiel: In Skandinavien gehen die Haustüren oftmals nach außen auf. Deshalb kann man viele Smartlocks nicht einbauen, weil sie den Türrahmen berühren würden. "Friday" dagegen verjüngt sich nach innen, so dass es an jede Tür montiert werden kann. So haben wir versucht, eine ganze Reihe von Fragestellungen anzugehen, ohne dass das Ergebnis zu nerdmäßig werden sollte. Wir wollen damit eher Leute erreichen, die zwar Technik mögen, aber das nicht jedem unter die Nase reiben wollen.

Ihr habt ein neues Unternehmen gegründet, um das Schloss zu produzieren?

Jakob Lange: Wir haben Friday Home und den Onlineshop FridayHome.net in Kooperation mit zwei Partnern aufgebaut: dem dänischen Beschlägehersteller D Line, der schon mit Arne Jacobsen zusammengearbeitet hat, und dem Unternehmen Brinno aus Taiwan, einem Spezialisten für Sicherheitstechnik.

Das "Friday"-Smartlock wird mit dem Handy auf- und abgeschlossen.
So kann das Schloss von fast jedem anderen Ort der Welt geöffnet oder verriegelt werden.

Welche Funktionen bietet das "Friday"-Smartlock?

Jakob Lange: Die Hauptfunktion von "Friday" ist, dass es das Smartphone zum Hausschlüssel macht. Das heißt, man kann seine Tür von ungefähr jedem Ort der Welt öffnen. Sobald man Empfang hat, kann man sich mit Apple HomeKit verbinden und dadurch mit seinem Schloss. Zukünftig wird man dies auch über Google Home und andere Plattformen tun können.

Außerdem kann "Friday" einem die Tür automatisch öffnen, sobald das Schloss in den Bluetoothbereich des eigenen Smartphones gelangt. Dafür muss man nicht einmal das Telefon aus der Tasche holen. Und sobald man seine Wohnung betreten hat, schließt "Friday" die Tür automatisch wieder ab. Alternativ besitzt das Schloss auch einen Timer, so dass man beispielsweise festlegen kann, dass die Tür nach fünf Minuten verschlossen wird, falls ich das nicht innerhalb dieses Zeitraums manuell erledige.

Kann ich auch anderen Personen Zugang zu meiner Wohnung gewähren, ohne dass ich Ihnen mein Smartphone überlasse?

Jakob Lange: Natürlich! Dazu kann ich einen digitalen Schlüssel versenden, mit dem die andere Person meine Tür öffnen kann – entweder dauerhaft oder für einen definierten Zeitraum.

Ist das "Friday"-Smartlock auch mit anderen "intelligenten" Systemen und Geräten in meiner Wohnung vernetzbar?

Jakob Lange: Zurzeit arbeiten wir an einer Schnittstelle für das Schloss, dass zukünftig genau dies ermöglichen soll. Man könnte sich dann vorstellen, einen Kartenleser mit dem Schloss zu verbinden, so dass die Tür auch mit einer Schlüsselkarte geöffnet werden kann.

Ein weiteres Projekt von BIG Ideas: Ein Handbuch für das Bauen im All

Ich vermute, dass viele Leute das Gefühl brauchen, etwas physisch zu verschließen um sich sicher zu fühlen.

Jakob Lange: Im Gegensatz zu vielen anderen Smartlocks sitzt "Friday" nur auf der Innenseite der Haus- oder Wohnungstür. Das heißt, dass man von außen die Tür auch ganz normal mit einem Schlüssel verschließen kann. Im Prinzip ist "Friday" nichts anderes, als eine helfende Hand, die auf der Türinnenseite einen Metallknauf dreht, der das Schloss aufsperrt oder verriegelt. Man kann sogar sehen, wie der Knauf sich dreht. Im Prinzip kann man auch auf das Schlüsselloch an der Außenseite der Tür völlig verzichten.

Was dürfen wir als nächstes von BIG Ideas erwarten?

Jakob Lange: Wir haben eine Menge cooles Zeug in der Pipeline. Wir entwickeln gerade Produkte für mehrere Hersteller – unter anderem Leuchten und Outdoormöbel. Und für die Triennale 2020 in Mailand designen wir einen ganz besonderen Spielplatz.

"Virgin Hyperloop One" ist ein Transportsystem, das Passagiere mit über 1000 Stundenkilometern durch ein Röhrennetz befördern soll.