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Dänisch draußen: Cecilie Manz auf dem Sofa ihrer neuen Kollektion "Atmosphere", die Gloster passenderweise auf der Dachterrasse des Hotels Me Il Duca präsentiert hat.

SALONE DEL MOBILE 2017
Rechte Winkel kann keiner von mir erwarten

Möbel, Leuchten, Glas, Porzellan, Badkeramik, Lautsprecher – Cecilie Manz beherrscht die ganze Palette des Designs. Uta Abendroth hat mit der Dänin über ihre aktuelle Outdoor-Möbel für Gloster gesprochen.
13.04.2017

Cecilie Manz gilt als eine der erfolgreichsten Designerinnen Dänemarks. Ihre Leuchte "Caravaggio" für Lightyears wirkt wie ein Archetyp einer Deckenleuchte, für Bang & Olufsen hat sie Bluetooth-Lausprecher gestaltet, deren Look ebenso überzeugt wie ihr Sound. Für die britischen Outdoor-Spezialisten Gloster hat die Dänin ihre erste Kollektion von Outdoor-Möbeln namens „Atmosphere“ entworfen. Die Sitzmöbel und Tische aus Teakholz und Aluminium zeigen sich skandinavisch-schlicht und wohnlich zugleich. Uta Abendroth hat mit Cecilie Manz in Mailand schon mal Probe gesessen.

Uta Abendroth: Mit "Atmosphere" für Gloster haben Sie ihre ersten Outdoor-Möbel entworfen. Haben diese einen bestimmten nordischen Touch?

Cecilie Manz: Nein, nicht bewusst. Für mich ist der Alltag der Schlüssel zu einem Produkt. Gloster kam auf mich zu und bat mich Möbel aus Teakholz, ihrem Hauptmaterial, zu entwerfen. Ich finde Teakholz eher schwerfällig und habe daher überlegt, wie ich diesem Material eine gewisse Leichtigkeit verleihen könnte. Und das, ohne die schöne Textur und das natürliche Material zu verfälschen.

Und wie sieht Ihre Lösung aus?

Cecilie Manz: Ich habe die Tischplatte geteilt. Durch die Trennung in der Mitte kann nicht nur das Wasser ablaufen, die ganze Platte wirkt insgesamt weniger massiv. Das gleiche gilt für die Bänke und Beistelltische. Das Aluminiumgestell, das es mit zwei farbigen Beschichtungen gibt, hat ebenfalls etwas sehr Reduziertes. Bei den Stühlen und Loungern befindet sich ein Spalt in der Mitte der Sitzfläche und der geschwungenen Rückenlehnen. Auch das wirkt eher leicht.

Hat Gloster Ihnen bei dem Entwurf freie Hand gelassen?

Cecilie Manz: Ja, das haben sie. Und von Anfang an war klar, dass ich mit Textilien und verschiedenen Farben arbeiten darf. Ich fand das gut, denn in Dänemark sind Outdoor-Möbel immer schwarz, weiß oder grau. Mir gefiel die Idee, mit mehr Farben arbeiten zu können. Mir ging es auch nicht um "bunt", sondern eher um einen subtilen Umgang mit Farbe. Grün bot sich in meinen Augen an – eine natürliche, ruhige Farbe. Und Blau, wenn man mal etwas Dunkleres haben möchte. Auch für die Behandlung des Holzes gab es verschiedene Optionen. Ich persönlich mag es am meisten, wenn Teakholz mit der Zeit rau und grau wird, wenn Sonne und Regen ihre Spuren auf dem Material hinterlassen. Diesen Effekt habe ich bei der Wahl der Farben für die Bezüge und die Gestelle mitberücksichtigt.

Das Gestell von "Atmosphere" besteht aus Aluminium, die Sitzfläche aus Teakholz.
Die Kollektion gibt es in sechs Farben, wobei die Gestellfarbe immer auf die Polster abgestimmt ist.

Die Möbel sind niedriger als heute allgemein üblich.

Cecilie Manz: Das stimmt. Aber ich habe beobachtet, dass eigentlich niemand so gerne an einem hohen Tisch sitzt, das ist immer gleich so formell. Wenn man mal an die Möbel denkt, die Poul Kjaerholm in den Fünfziger- und Sechzigerjahren gemacht hat, waren sie alle niedrig und sahen sehr schön in einem Zimmer aus, denn sie haben nicht so viel Raum eingenommen. Natürlich werden die Menschen immer größer, aber wir sollten es auch gemütlich haben. Deshalb ist der "Atmosphere"-Tisch auch nur 68 Zentimeter hoch.

Aber die Möbel sind doch nicht für drinnen konzipiert …

Cecilie Manz: Nein, aber sie funktionieren drinnen und draußen. Ich mag das Wort 'multifunktional' nicht besonders gerne, entweder eine Sache ist dies oder das. Aber so lange es Sinn macht, wie bei diesen Möbeln, finde ich es okay, wenn die Grenzen verschwimmen.

In wie weit sind Sie bei einem Entwurf in die technische Entwicklung involviert?

Cecilie Manz: Da bin ich von Anfang an dabei. Wenn ich mich nicht darum kümmern würde, wäre ich ignorant. Nein wirklich, das ist mir sehr wichtig. Es reicht nicht, bloß eine Zeichnung abzugeben. Während des Entwicklungsprozesses gibt es so viele Änderungen, da muss ich involviert sein und die Fakten kennen. Ein Projekt entsteht schließlich nach und nach.

Bei den vielen Produkten, die Sie entwerfen, stelle ich es mir schwierig vor, sich immer genau mit allen Materialien und technischen Raffinessen auszukennen.

Cecilie Manz: Das stimmt. Aber bei jedem Projekt greife ich auf etwas zurück, was ich schon weiß. Und dann kommt eben etwas Neues und ich lerne dazu. Ich bin sehr aufgeschlossen und stelle zu Beginn einer Kooperation viele Fragen. Ich kann ja nicht in allem eine Spezialistin sein, aber das erwartet auch niemand. Manchmal gibt es ein vorgegebenes Material – so wie bei Gloster Teakholz. Und manchmal habe ich eine Idee und dann muss ich das richtige Material dafür finden. Nach der Zusammenarbeit mit Bang & Olufsen kenne ich mich jetzt zum Beispiel sehr gut mit Aluminium aus. Ich weiß, was geht, was nicht und wie ich die Grenzen weiter hinausschieben kann.

Der Tisch der Kollektion besitzt eine dreiteilige Platte, deren Elemente durch einen schmalen Schlitz akzentuiert werden. Es gibt ihn in den Maßen 1 Meter mal 2,90 Meter.

Gibt es denn ein Material, mit dem Sie am liebsten arbeiten?

Cecilie Manz: Meiner Meinung nach ist es wichtig, das richtige Material an der richtigen Stelle zu verwenden. Ich würde keinen Lautsprecher aus Teakholz entwerfen und keine Tischplatte aus Aluminium. Letztlich kommt es doch darauf an, wo und wie man etwas benutzt und welchen Bezug es zu unserem Körper hat: Was berühre ich? Worauf sitze ich?

Einer Ihrer größten Erfolge ist die Leuchte „Caravaggio“ für Lightyears. Sie gibt es inzwischen in verschiedenen Ausführungen.

Cecilie Manz: Die Geschichte der „Caravaggio“ ist ein bisschen skurril. Angefangen haben wir mit der außergewöhnlichsten Version, der schwarzen Leuchte mit dem roten Kabel. Dann haben wir überlegt, ob man nicht eine bravere Version in Weiß mit weißem oder grauem Kabel machen sollte. Die „normalere“ Version kam also später auf den Markt als die auffälligere. Und schließlich fanden wir es einleuchtend, noch ein Modell mit einem Glasschirm hinzuzufügen. Damit sieht die Leuchte plötzlich wieder ganz anders aus – auch die Lichtwirkung ist eine komplett andere.

Außergewöhnlich sind auch Ihre schon erwähnten Lautsprecher für B&O Play. Da scheinen sie einen Nerv getroffen zu haben!

Cecilie Manz: Zunächst einmal war ich sehr stolz, als Bang & Olufsen mich kontaktiert hat. Das ist in Dänemark schon ein ganz großes Ding, von ihnen gefragt zu werden. Ich hatte aber auch meine Bedenken. Deshalb habe ich gesagt, dass sie mir Freiheiten gewähren müssen, wenn sie etwas mit mir machen wollen. Vielleicht auch eine Richtung einschlagen, in die sie normalerweise nicht gehen würden. Rechte Winkel oder schwarze Lautsprecher kann schließlich keiner von mir erwarten. Tatsächlich haben sie mit mir das erste Mal eine Frau gefragt, etwas für sie zu entwerfen. Und ich war davon überzeugt, dass die Marke einen Wandel braucht. Das Label B&O Play ist dann um den ersten Bluetooth Speaker, den ich entworfen habe, herum entwickelt worden – eine tolle Erfahrung für mich, denn damit hat das Unternehmen in die Zukunft investiert. Es geht um schönes, bezahlbares Design, einen Wandel im Hinblick auf Optik und Geschmack. Gegenstände wie Lautsprecher werden immer kleiner, ihr Sound immer besser. Interessanterweise ist so ein kleiner Lautsprecher nicht mehr ein allgemeines, sondern eher persönliches Objekt; so eine Art Accessoire wie ein Hut.

Wie testen Sie Ihre Produkte?

Cecilie Manz: Alles, was ich entwerfe, probiere ich zu Hause aus. Wenn ich ein Objekt selbst nicht mag oder es sich bei mir nicht bewährt, dann sollte es gar nicht erst auf den Markt kommen. Vor ein paar Jahren ist mir das mal passiert – ich werde nicht sagen, um was es sich handelte –, da war die Entwicklungszeit viel zu kurz, das hat nicht funktioniert. Im Fall von Gloster habe ich gefragt, ob ich mir einen Teak-Stuhl leihen könnte, um das Material auszuprobieren und in meinem Umfeld zu testen. Mir ist gute Qualität sehr wichtig und ich konnte sehen, wie sich das Holz verhält. Das hat mir bei meiner Arbeit sehr geholfen. Und am Ende muss ich ja mit einem Produkt zufrieden sein, immerhin wird es stets mit meinem Namen verbunden bleiben.

Kommen denn eher Ihre freien Entwürfe auf den Markt oder diejenigen, die Sie als Auftragsarbeit ausgeführt haben?

Cecilie Manz: Der Versuch, eigene Entwürfe zu lancieren, ist immer schiefgegangen, das hat in meiner ganzen Karriere noch nie geklappt. Oft genug ist es so, dass ich Sachen entwerfe, die ich schön finde und viele Leute mögen sie, aber ich finde trotzdem keinen Produzenten. Die Frage von Zusammenarbeit ist vor allem eine Frage des Timings und des Gleichgewichtes. Und beide Seiten müssen es gleichermaßen wollen. Vielleicht sind meine Ideen zu fertig, wenn ich damit zu jemandem komme, man startet eben nicht gemeinsam bei Null. Vielleicht ist das der Grund, warum ich mein erstes Produkt, das jemals hergestellt wurde, so mag. Nils Holger Moormann rief mich nach einer Ausstellung an und fragte, ob er die Anlehnleiter, die ich entworfen hatte, produzieren könne. Erst dachte ich, es handele sich um einen Telefonscherz. Erst als ich das Flugticket, das er mir geschickt hatte, in der Hand hatte, habe ich an die Kooperation geglaubt. Ich liebe die ganze Geschichte rund um „HochAcht“, weil alles von vorne bis hinten eine Frage der Leidenschaft war. Hersteller brauchen Mut und unternehmerischen Willen, auch wenn ein Objekt vielleicht kein Verkaufserfolg wird. Aber so etwas passiert heute leider nicht mehr. Die Unternehmen kalkulieren mehr und gehen weniger Risiken ein. Ich denke, wir sollten die Leidenschaft retten.

Seit 2016 bei Bang & Olufsen Play zu haben: der portable Lautsprecher "Beoplay A1" von Cecilie Manz
Inzwischen ein Erfolgsprodukt von Lightyears: die Leuchte "Caravaggio" von 2005

Worin liegt denn heute die größte Herausforderung für Designer?

Cecilie Manz: Vielleicht sind wir selbst die größte Herausforderung? Nein, ich denke, es passieren so viele Dinge gleichzeitig, das ist schwierig. Insofern hatte die Krise vor ein paar Jahren schon einen gewissen Reinigungseffekt. Vieles war zuvor mit zu viel Gold versehen und das ist jetzt vorbei. Jeden hat das auf unterschiedliche Art und Weise berührt und auch Designer sind sich jetzt ein bisschen bewusster, dass das, was wir machen, wichtig ist. Es ist nicht so, dass ich täglich darüber nachdenken würde, die Welt zu retten. Ich halte es für unmöglich, dass Design dies kann. Aber was wir als Designer beitragen können ist, Dinge zu schaffen, die lange halten. Das fängt schon beim Material an. Ein Lautsprecher beispielsweise setzt sich aus so vielen verschiedenen Einzelteilen zusammen. Wenn ich sie später wieder gut trennen kann, ist das schon mal gut. Wenn ein Tisch, den ich designe, 30 Jahre lang hält, weil er aus gutem Holz gemacht ist, dann ist auch das nachhaltig. Es ist ein langsamer Prozess, den weder Hersteller, noch Designer, noch Konsumenten jeweils für sich hinkriegen. Wenn, dann schaffen wir das nur alle zusammen. Das ist schon so eine Art Revolution und wir sind ein Teil davon. Wir alle sind voneinander abhängig.

Das klingt so ernst, dabei wirkt in Dänemark alles so leicht und geschmackvoll. Viele schauen geradezu ein bisschen neidisch auf so viel Schönes …

Cecilie Manz: Meine These dazu lautet, dass Dänemark eben extrem klein ist und wir alles kultiviert haben, sogar unsere Küsten. Straßenschilder, jedes Objekt im öffentlichen Raum, alles ist durchdacht und durchgestaltet. Das ist schon seit vielen Jahren so. In Dänemark darf einfach nichts ungestaltet sein. Außer vielleicht bei ein paar Kreativen sieht alles gleich aus – das ist auch ein bisschen langweilig. Was in Dänemark tatsächlich eine sehr wichtige Rolle spielt, ist der Fußboden, denn der bestimmt die ganze Atmosphäre eines Raumes.

Zum Nachmittagscafé im Freien kann man sich auch auf der bequemen Sofabank mit Polsterauflage gemütlich machen.

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